EBA Guidelines on Environmental Scenario Analysis: Was Banken jetzt wissen und tun müssen
Die European Banking Authority (EBA) hat im November 2025 ihre finalen Guidelines on Environmental Scenario Analysis veröffentlicht und konkretisiert damit die bestehenden Anforderungen zur Durchführung von ESG-Szenarioanalysen deutlich.
Damit stehen die Finanzinstitute mit Blick auf Nachhaltigkeitsrisiken nun vor neuen regulatorischen Anforderungen, die tief in Risikoanalyse und (strategische) Steuerung eingebettet werden müssen.
Im Folgenden beleuchten wir die Kernelemente der Leitlinien, die Veränderungen im Vergleich zur Draft-Version und welche konkreten To-dos sich daraus für Institute im nächsten Schritt ergeben.
Kontext und Reichweite
Die neuen EBA-Leitlinien konkretisieren die Anforderungen der Capital Requirements Directive (CRD) VI hinsichtlich Kriterien für Szenarioanalysen und bildet gemeinsam mit den im Januar 2026 veröffentlichten EBA-Leitlinien zum Management von ESG-Risiken (EBA/GL/2025/01) den Rahmen für das ESG-Risikomanagement. Die EBA möchte mit diesen Leitlinien sicherstellen, dass Finanzinstitute künftig systematisch Szenario-Analysen nutzen, um zum einen ihre finanzielle Resilienz gegenüber Umwelt- und Klimarisiken und den Einfluss auf ICAAP und ILAAP zu prüfen. Darüber hinaus soll die mittel- bis langfristige Widerstandsfähigkeit des Geschäftsmodells beleuchtet werden. Während der derzeitige Fokus auf Klima und Umwelt liegt, hält sich die EBA offen, dass künftige Maßnahmen auch Soziale und Governance-Risiken berücksichtigen können.
Die Anwendung beginnt mit dem 1. Januar 2027. Nationale Aufsichtsbehörden sind zu einer Erklärung aufgefordert, ob sie die Leitlinien übernehmen („comply-or-explain-Verfahren“).
Was sind die Kernelemente der EBA-Leitlinien zur Klima-Szenarioanalyse?
Die Leitlinien unterscheiden im Wesentlichen zwei Einsatzfelder von Szenarioanalysen: Bei der finanziellen Resilienz wird beleuchtet wie sich kurz- bis mittelfristige Schocks auf die Kapital- und Liquiditätsausstattung auswirken können. Für mittlere und lange Horizonte steht die Geschäftsmodell-Resilienz im Fokus, also die Prüfung, ob das Geschäftsmodell sowie Strategie des Instituts gegenüber Umwelt- und Klimarisiken und übergeordneten Veränderungen resilient sind.
Vor der Durchführung der Szenarioanalysen sind bestimmte Voraussetzungen zu schaffen. So setzt die EBA die Identifikation der relevanten Transmissionskanäle und eine tiefgehende Analyse des Geschäftsumfeldes voraus. Zudem sind Narrative und zugehörige Szenarien auszuwählen und auf das eigene Geschäftsmodell anzupassen, sodass sowohl physische als auch transitorische Risiken adäquat berücksichtigt werden. Zu diesem Zweck können die Institute auf vorhandene Rahmenwerke zurückgreifen, dabei führt die EBA unter anderem die Szenarien des Network for Greening the Financial System (NGFS) und des EU Joint Research Centre (JRC) an.
Bei der Umsetzung der Anforderungen gilt grundsätzlich das Prinzip der Proportionalität. Das bedeutet, die Anforderungen richten sich nach Materialität der Risiken, Größe, Komplexität und Reifegrad des Instituts. Insbesondere kleinere und weniger komplexe Institute dürfen zunächst einfachere Ansätze durchführen. Bspw. können Sensitivitätsanalysen für eine vereinfachte Wirkungsquantifizierung von Schlüsselindikatoren genutzt werden. Im ersten Schritt kann auch für größere Institute die Nutzung von Sensitivitätsanalysen und expertenbasierten Ansätzen in Betracht gezogen werden.
Grundsätzlich sollen die Erkenntnisse aus anderen relevanten Plansystemen (z. B. Transitionsplan, Strategie, Budgetierung) sowie mit Aufsichts- bzw. Strategieprozessen wie ICAAP und ILAAP berücksichtigt und Konsistenz sichergestellt werden.
Entsprechend der Leitlinien sollen Institute ihre Resilienz sowohl gegenüber kurzfristigen Schocks als auch langfristigeren Entwicklungen bewerten. Ein fundamentaler Punkt in der daraus notwendigen Szenarioanalyse ist die Betrachtung unterschiedlicher Zeithorizonte. Die EBA erwartet, dass Institute kurz- und mittelfristige Klimaszenarien (<5 Jahre) im Stress Testing für genaue Kapital- und Liquiditätsbewertungen nutzen. Diese sollen sich auf ein Basisszenario und mehrere plausible adverse Szenarien konzentrieren. Gleichzeitig erwartet die EBA, dass die Resilienzanalyse auf mindestens zehn Jahre blickt, um strategische Entscheidungen entsprechend zu informieren und ihre eigenen Geschäftsmodelle zu hinterfragen. Die Resilienzanalyse als neues Instrument im Risikomanagement-Toolkit geht dabei über die bloße Risikobetrachtung hinaus, sie verknüpft vielmehr die ESG-Szenarioanalysen mit dem Geschäftsmodell und der Strategie.
Bei der Entwicklung von Szenarien sollen Institute eine Reihe an miteinander verbundenen Elementen wie sozioökonomische Rahmenbedingungen, technologische Entwicklungen und Änderungen in den Verbraucherpräferenzen berücksichtigen. Zur umfangreichen Betrachtung der klimabezogenen Risiken müssen zusätzliche Elemente wie relevante Regulatorik, Energiesysteme, sektorenspezifische Entwicklungspfade zu einem Net-Zero Ziel sowie entsprechende Emissionsniveaus und daraus resultierende Klimaauswirkungen beachtet werden. Weiterhin erwartet die EBA, dass Finanzinstitute jeweils ein einheitliches, verständliches und institutsweit akzeptiertes Narrativ schaffen, das über reine Berechnungen hinausgeht. Das Referenzszenario ist hierbei nicht zwangsläufig ein Net-Zero Szenario, sondern soll den aus Sicht des Institutes wahrscheinlichsten Entwicklungspfad reflektieren.
Was ist neu gegenüber der Entwurfsfassung?
Der Entwurf „Draft Guidelines on ESG Scenario Analysis“ vom 16. Januar 2025 legte bereits viele der oben genannten Elemente dar. In den finalen Leitlinien gibt es allerdings wichtige Veränderungen und Konkretisierungen, die in der folgenden Tabelle zusammengefasst sind.
Was sind die konkreten To-dos für Banken?
Grundsätzlich wird von den Instituten erwartet, dass eine proaktive Haltung gegenüber Umweltrisiken eingenommen wird, insbesondere in Bezug auf den Klimawandel und damit verbundene Risiken. Dies umfasst teilweise eine womöglich tiefgreifende Ergänzung der bestehenden Risikomanagementansätze, um insbesondere langfristige negative Einflüsse von Umweltfaktoren sowohl in den operativen Tätigkeiten als auch in der strategischen Ausrichtung zu analysieren und zu mindern.
Für eine erfolgreiche Umsetzung gilt es, die relevanten Transmissionskanäle zu identifizieren und systematisch zu erheben, wie sich Umwelt- und Klimarisiken in die Finanzvariablen des Instituts übersetzen. Daran anschließend kann das externe Referenzszenario gewählt und adaptiert sowie die weiteren Szenarien aufgebaut werden.
Darüber hinaus empfiehlt es sich, frühzeitig die Datenverfügbarkeit, Modellinfrastruktur sowie Modellierungskapazitäten zu prüfen und bei Bedarf entsprechende Erweiterungen anzustoßen. Auch die funktionsübergreifende Zusammenarbeit und die Bündelung bereichsübergreifender Expertise ist mit entscheidend für robuste Ergebnisse und ein institutsweites gesteigertes Verständnis zu ESG- und insbesondere Umweltrisiken.
Fazit
Die neuen EBA-Leitlinien zur Szenarioanalyse im Umwelt- und Klimabereich markieren einen weiteren Schritt zur Einbettung nachhaltigkeitsbezogener Risiken in die Bank- und Risikosteuerung. Institute sind aufgefordert, nicht nur auf Basis historischer Ereignisse Risiken zu managen, sondern aktiv zukunftsgerichtete „What-if“-Szenarien zu durchdenken und in ihre Strategie und Steuerung einzubinden.
Für Banken heißt das: Der Aufwand lohnt – wer frühzeitig beginnt, kann Wettbewerbsvorteile erzielen und Kosten durch späte Umsetzung vermeiden. Reges Monitoring und fundiertes Expertenurteil tragen zur fortlaufenden Anpassungsfähigkeit und der Resilienz des eigenen Geschäftsmodells bei.
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