Erneuerbare Energien sind nicht gleich Erneuerbare Energien - Wegfall der Stromsteuerfreiheit für Strom aus bestimmten Energieträgern
Strom, der aus Erneuerbaren Energieträgern gewonnen wird, ist - so die Intention des Gesetzgebers - grundsätzlich stromsteuerfrei.
Wie üblich steckt aber der Teufel im Detail: Aufgrund einer Änderung im europäischen Beihilferecht entfällt seit dem 01.01.2024 die Stromsteuerfreiheit für Strom aus Erneuerbaren Energieträgern, soweit er aus flüssigen Biomasse-Brennstoffen, Klärgas oder Deponiegas erzeugt wird. Auch feste und gasförmige Biomasse-Brennstoffe sind unter bestimmten Umständen betroffen.
Seit der Änderung der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO, Verordnung (EU) Nr. 651/2014) durch die Verordnung (EU) 2023/1315 zum 01.07.2023 sind die Anforderungen an die Fortführung der Steuerbegünstigungen für erneuerbare Energieträger nach § 2 Nr. 7 StromStG gestiegen. Hinsichtlich der Begünstigung von Strom aus Biomasse sind ab dem 01.01.2024 die Nachhaltigkeits- und Treibhausgaseinsparungskriterien für Biomasse-Brennstoffe nach der Richtlinie (EU) 2018/2001 (Erneuerbare-Energien-Richtlinie, RED II) verbindlich. Bekanntlich fehlen im Stromsteuerrecht solche spezifischen Kriterien. Die Steuerbegünstigung für solche erneuerbaren Energieträger kann also seit dem 01.01.2024 nicht mehr gewährt werden. Die Bundesregierung hat dies gemäß der gesetzlichen Vorgabe im Bundesgesetzblatt (BGBI. 2023 I Nr. 364 vom 15.12.2023) bekanntgemacht.
Konkret betroffen ist Strom, der aus
1. Biomasse oder aus Biomasse hergestellten Erzeugnissen in Form von
a) flüssigen Biomasse-Brennstoffen, oder
b) festen Biomasse-Brennstoffen in Anlagen mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von 20 MW oder mehr, oder
c) gasförmigen Biomasse-Brennstoffen in Anlagen mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von 2 MW oder mehr, oder
2. Klär- oder Deponiegas erzeugt wird.
Für Erzeugungsanlagen, in denen Strom unter Einsatz der oben genannten Energieträger erzeugt wird, bedeutet dies, dass erteilte Erlaubnisse zur steuerfreien Entnahme von Strom aus erneuerbaren Energien gem. § 9 Abs. 4, Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3 StromStG nicht mehr gültig sind. Erteilte Einzelerlaubnisse wird die Zollverwaltung wahrscheinlich widerrufen bzw. hat dies schon in die Wege geleitet.
Unabhängig von einem konkret ergangenen Widerruf - bestimmte Anlagen unterliegen auch einer allgemeinen Erlaubnis, hier fehlt es schon an dem Einzelverwaltungsakt, der widerrufen werden muss - ist der Strom, der in den Anlagen, die die oben genannten Voraussetzungen erfüllen, seit 01.01.2024 steuerpflichtig. Hieraus ergeben sich die entsprechenden Compliance-Verpflichtungen, neben einer regulären Versteuerung der Strommengen kann in der Folge möglicherweise auch eine Ausnahme von der Versorgereigenschaft - § 1a Stromsteuerdurchführungsverordnung (StromStV) enthält eine ganze Liste solcher Ausnahmen - wegfallen und der Status des Stromversorgers nach StromStG vorliegen.
Für eine bestimmte Gruppe von Erzeugungsanlagen, hocheffiziente Blockheizkraftwerke mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu 2 Megawatt elektrischer Nennleistung, eröffnet sich unter bestimmten Voraussetzungen aber die Möglichkeit, die Erzeugung von steuerfreiem Strom fortzusetzen, gleichsam unter einem anderen förderungswürdigen "Label", nämlich der hocheffizienten dezentralen Stromerzeugung. Für diese Anlagen kann eine neue Erlaubnis zur steuerfreien Entnahme von Strom - gemäß der parallelen Steuerbefreiungsnorm in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG - beantragt werden.
Die Zollverwaltung hat eine allgemeine Übergangsfrist gewährt: wer bis zum 31.03.2024 die neue Erlaubnis beantragt hat, erhält den Erlaubnisschein (bei Vorliegen der Voraussetzungen) rückwirkend zum 01.01.2024. Dies hat den erheblichen Vorteil, dass die neue Erlaubnis zeitlich unmittelbar an die erlöschende Erlaubnis anschließt und grundsätzlich durchgehend steuerfreier Strom erzeugt wurde - mit den entsprechenden Erleichterungen für die Behandlung in der Compliance und selbstverständlich dem Stromsteuervorteil von 2,05 Cent pro Kilowattstunde.
Bei Fragen zur Änderung, zur Beantragung der neuen Erlaubnis und den sich ergebenden Compliance-Aufgaben stehen wir gern zur Verfügung.
Ansprechpartner:
Jan Steinkemper