Der Clean Industrial Deal: Europas Strategie für eine klimaneutrale und wettbewerbsfähige Industrie

Ein zentrales Element des Clean Industrial Deal ist der “Action Plan for Affordable Energy”.

Mit dem Clean Industrial Deal der Europäischen Kommission, einer umfassenden Strategie zur Förderung einer wettbewerbsfähigen und klimaneutralen Industrie in Europa, sollen insbesondere energieintensive Unternehmen unterstützt und die Dekarbonisierung vorangetrieben werden. Mit einem Fokus auf bezahlbare Energie, nachhaltige Technologien und den Ausbau der Kreislaufwirtschaft umfasst der Clean Industrial Deal Maßnahmen wie die Einführung von CO₂-Kennzeichnungen, die Förderung grüner Wasserstofftechnologien und die Vereinfachung von Finanzierungsprozessen.

Am 26. Februar 2025 stellte die Europäische Kommission den Clean Industrial Deal vor, ein Maßnahmenpaket, das die bereits am 29. Januar 2025 veröffentlichte Mitteilung “EU-Kompass für die Wettbewerbsfähigkeit” (A Competitive Compass for the EU) konkretisiert. Er definiert sechs zentrale Handlungsfelder für die Wirtschaft: bezahlbare Energie, Entwicklung von Leitmärkten, Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen, Ausbau der europäischen Kreislaufwirtschaft, Förderung qualifizierter Arbeitskräfte sowie von internationalen Partnerschaften.

Ein zentrales Element des Clean Industrial Deal ist der “Action Plan for Affordable Energy”. Die Kommission erkennt die hohen Energiekosten als eine der größten Herausforderungen für die europäische Industrie, die einerseits ihre Dekarbonisierungsziele erreichen, andererseits im globalen Wettbewerb bestehen und mit komplexen regulatorischen Anforderungen umgehen müssen. Um diese Herausforderung zu meistern, sollen Maßnahmen ergriffen werden, die die Energiekosten senken und gleichzeitig die Voraussetzungen für eine nachhaltige Energieversorgung schaffen. Dazu gehören der Ausbau grenzüberschreitender Power Purchase Agreements (PPAs) und Contracts for Difference (CfDs). Um insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen sowie energieintensiven Industrien den Zugang zu solchen Verträgen zu erleichtern, plant die Kommission in Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) ein Pilotprogramm zur Unterstützung von PPAs durch Bürgschaften in Höhe von 500 Millionen Euro.

Weitere Maßnahmen umfassen ein Netzausbau-Paket im Umfang von mindestens 1,5 Milliarden Euro, um die Stromnetzinfrastruktur zu modernisieren und den Energiebinnenmarkt weiter zu integrieren. Darüber hinaus regt die Kommission eine Senkung der Stromsteuer an. Eine entsprechende Empfehlung zur effektiven Reduzierung des Steuerniveaus in der EU soll zeitnah vorgelegt werden. Ebenfalls plant die Kommission die Einführung neuer Rechtsvorschriften für eine harmonisierte Gestaltung der Netzentgelte. Ein europäisches Netzpaket soll die grenzüberschreitende Planung und den Ausbau von Verbindungsleitungen beschleunigen.

Ein weiteres zentrales Ziel des Clean Industrial Deal ist die Förderung von nachhaltigen Technologien und die Schaffung von Leitmärkten für den Clean-Tech-Sektor. Die EU-Kommission setzt dabei auf verstärkte Investitionen in kohlenstoffarme Produkte und Technologien, die in Europa produziert werden. Dies soll durch die Einführung von Nachhaltigkeits- und Resilienzkriterien in öffentliche Aufträge sowie durch eine freiwillige CO₂-Kennzeichnung für Industrieprodukte erreicht werden. Diese Kennzeichnung wird auf bestehenden Daten aus dem Emissionshandelssystem (ETS) und der Methodik des CO₂-Grenzausgleichssystems (CBAM) basieren, um eine transparente Bewertung der Klimabilanz von Produkten zu ermöglichen. Besonders im Bereich des grünen Wasserstoffs plant die Kommission, den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft durch einen neuen Rechtsakt im ersten Quartal 2025 zu beschleunigen.

Um diese Ziele zu finanzieren, schlägt die Kommission eine Anpassung der InvestEU-Verordnung vor, um schnellere und einfachere staatliche Beihilfen zu ermöglichen. Ebenso sollen die steuerlichen Anreize für Investitionen in nachhaltige Technologien verbessert und grenzüberschreitende Kooperationsprojekte durch die Anpassung kartellrechtlicher Vorgaben erleichtert werden. Besonders hervorzuheben ist, dass die EU-Kommission ihre Initiativen zur Schaffung von sogenannten "Important Projects of Common European Interest" (IPCEI) beschleunigen will, um gezielt Innovationen in Schlüsseltechnologien zu fördern.

Auch im Bereich der Kreislaufwirtschaft nimmt der Clean Industrial Deal eine wichtige Rolle ein. Die EU plant die Einführung eines neuen Gesetzes, das den Handel mit Sekundärrohstoffen und recycelten Produkten erleichtern soll. Damit soll nicht nur die Nachfrage nach recyceltem Material gesteigert, sondern auch die europäische Wirtschaft unabhängiger von Importen gemacht werden. Eine Anpassung der Mehrwertsteuerrichtlinie soll dabei helfen, steuerliche Hemmnisse für Gebrauchtwaren und Sekundärrohstoffe abzubauen.

Im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit Europas auf globaler Ebene setzt die Kommission auf neue Partnerschaften für sauberen Handel und Investitionen. Diese sogenannten Clean Trade and Investment Partnerships (CTIPs) sollen die europäische Position in globalen Wertschöpfungsketten stärken und die europäische Industrie gegenüber unlauterem Wettbewerb absichern. Ein weiteres wichtiges Element ist die Weiterentwicklung des CO₂-Grenzausgleichssystems (CBAM), mit dem Ziel, die Berichtspflichten für Unternehmen zu vereinfachen und den internationalen Handel mit emissionsintensiven Produkten nachhaltig zu gestalten.

Zusammengefasst verfolgt der Clean Industrial Deal das ambitionierte Ziel, die europäische Industrie sowohl wettbewerbsfähiger als auch klimafreundlicher zu gestalten. Die Kommission setzt dabei auf eine Kombination aus gezielten finanziellen Anreizen, politischen Maßnahmen und einer stärkeren Integration des Energiemarktes. Für den Erfolg des Deals sind nun konkrete gesetzgeberische Schritte erforderlich, um die vorgestellten Maßnahmen in die Praxis umzusetzen.  

Ansprechpartnerin:
Julia Scheibler

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