Teil 2 der Blogreihe zur MaAbwicklungsfähigkeit - Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität in der Abwicklungsplanung

In diesem Beitrag stellen wir die zweite Dimension der MaAbwicklungsfähigkeit vor: Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität.

Wie in unserem Blogbeitrag vom 21. November 2023 aufgezeigt, verdeutlichen die jüngsten regulatorischen Entwicklungen auf europäischer und nationaler Ebene, dass die Abwicklungsfähigkeit immer mehr in den Fokus der Behörden rückt.

In dieser Beitragsreihe des PwC Risk Blogs erhalten Sie wesentliche Insights zu den Mindestanforderungen an die Abwicklungsfähigkeit im Rahmen der Abwicklungsplanung (MaAbwicklungsfähigkeit) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Wir geben Ihnen einen ersten Einblick in die sieben Dimensionen[1] und den daraus resultierenden Herausforderungen und Umsetzungsmaßnahmen.

In diesem Beitrag stellen wir die zweite Dimension der MaAbwicklungsfähigkeit vor: Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität.

Die Anforderungen an diese Dimension schließen zum einen

  • die Operationalisierung des Instruments der Beteiligung der Inhaber relevanter Kapitalinstrumente und – soweit im Rahmen der Abwicklungsstrategie vorgesehen – die Operationalisierung des Instruments der Gläubigerbeteiligung ein.
  • Institute müssen außerdem die Mindestanforderung für Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (MREL) berücksichtigen.

Regulatorische Anforderungen an die Operationalisierung eines Bail-in

Mit dem Instrument der Beteiligung der Inhaber relevanter Kapitalinstrumente (Write down and Conversion of Capital Instruments, WDCCI) und der Gläubigerbeteiligung (Bail-in) stehen der Abwicklungsbehörde zwei Instrumente zur Anwendung von Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnissen für relevante Instrumente zur Verfügung, die für eine im Abwicklungsfall notwendige Verlustabsorption und ggf. benötigte Rekapitalisierung eingesetzt werden können.

Beinhaltet die Abwicklungsstrategie das Bail-in-Instrument, ist das Institut dazu verpflichtet im Rahmen eines Playbooks Prozesse zu konzipieren, um:

  • Innerhalb von 24 Stunden auf Anfrage der Abwicklungsbehörde alle entscheidungsrelevanten Informationen bereitstellen zu können. Dazu zählen neben dem Bail-in-Datenset (spezifische Informationen zu allen CET1-Instrumenten, relevanten Kapitalinstrumenten, bail-in-fähigen Verbindlichkeiten und weiteren Verbindlichkeiten) auch wesentliche Positionen der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung bzw. Gesamtergebnisrechnung sowie die Eigenmittel, der Gesamtrisikobetrag und die Gesamtrisikopositionsmessgröße nach Bewertung 2.
  • Innerhalb von 12 Stunden auf  Anfrage der Abwicklungsbehörde die Auswirkungen eines potenziellen Bail-in auf die Abwicklungseinheit bzw. Abwicklungsgruppe zu analysieren (interne Auswirkungsanalyse). Hier sind die wesentlichen Aktiv- und Passivpositionen, das bilanzielle Eigenkapital sowie der Gesamtrisikobetrag und die Eigenmittel nach Simulation der vorläufig durch die Behörde kommunizierten Herabschreibungs- und Wandlungsquoten für die Haftungsränge zu berechnen.
  • Nach Erlass der Abwicklungsanordnung innerhalb von 24 Stunden nach Vorliegen aller dafür wesentlichen Informationen einen angeordneten Bail-in umzusetzen (interne und externe Implementierung).

Bei der Erarbeitung eines Bail-in Playbooks und den dazugehörigen internen Prozessen sind die Vorgaben gem. Rundschreiben zu den Mindestanforderungen zur Umsetzbarkeit eines Bail-in (MaBail-in) zu berücksichtigen. Am 20.10.2023 hat die BaFin eine Konsultation zur Überarbeitung der aktuellen MaBail-in veröffentlicht. Der Vorschlag zur Erweiterung umfasst konkretisierte Anforderung an die Erstellung eines Bail-in-Playbooks. Unter anderem wurde das Rundschreiben um einen Vorschlag zur Gliederung des Playbooks ergänzt. Neben der Konkretisierung der Anforderungen an Aufbau und Inhalte, wurden zudem die bisherigen Datenanforderungen um neue Datenfelder erweitert. Diese dienen insbesondere der externen Bail-in-Implementierung strukturierter Schuldverschreibungen. Darüber hinaus wurden Beschreibungen der Datenfelder sowie die FAQs überarbeitet.

Neben der Umsetzung des Bail-ins in den bankinternen Systemen (interne Bail-in-Implementierung) ist die Herabschreibung und Umwandlung betroffener Verbindlichkeiten auch in den Systemen der beteiligten Finanzmarktinfrastrukturen (und somit für alle Akteure des Finanzmarktes sichtbar) abzubilden (externe Bail-in-Implementierung). Bei der Konzipierung entsprechender vorbereitender Prozesse (z.B. Erstellung von Anweisungsschreiben und Zusatzinformationen seitens des Instituts zur Übermittlung an Börse/-n, Zentralverwahrer und die National Numbering Agency) sind die umfangreichen Vorgaben des BaFin-Merkblatts zur externen Bail-in-Implementierung (Stand: 11.07.22) zu berücksichtigen.       

Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten

Um sicherzustellen, dass eine Bank jederzeit über ausreichende Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten verfügt, um die glaubhafte Umsetzung der Abwicklungsinstrumente WDCCI und/oder Bail-in zu gewährleisten, werden in Dimension 2 ebenfalls Anforderungen in Bezug auf die Erfüllung der MREL sowie die Qualität der berücksichtigungsfähigen Instrumente definiert.

Während für Insolvenzinstitute die MREL-Zielquote im Regelfall den Eigenmittelanforderungen entspricht, erfolgt die Zielquotendefinition für Abwicklungsinstitute institutsspezifisch unter Berücksichtigung der jeweils präferierten Abwicklungsstrategie. Verstöße gegen die MREL-Anforderungen können als Abwicklungshindernis betrachtet werden und zur Anwendung der Befugnisse gemäß §§ 59 und 60 SAG[2] durch die Abwicklungsbehörde führen.

Die MREL-Quote ermittelt sich wie folgt:

Risk Blog_Blogreihe zur MaAbwicklungsfähigkeit_Teil 2_Abbildung 1.png [id=235836]Abbildung 1: Berechnung der MREL-Quote

Die MREL-Zielquote kann durch die Abwicklungsbehörde entweder auf Basis des Gesamtrisikobetrags (Total Risk Exposure Amount, TREA) oder der Gesamtrisikopositionsmessgröße (Leverage Ratio Exposure, LRE) festgesetzt werden.
Die MREL-Zielquote in TREA[3] setzt sich aus den folgenden Bestandteilen zusammen[4]:

Risk Blog_Blogreihe zur MaAbwicklungsfähigkeit_Teil 2_Abbildung 2.png [id=235837]Abbildung 2: Bestandteile der MREL TREA

Sofern die Abwicklungsbehörde eine über die Eigenmittelanforderungen hinausgehende MREL-Anforderung für ein Institut festsetzt, ergeht nach Anhörung des betroffenen Instituts ein Bescheid an das Institut. Aus der Festlegung einer MREL-Zielquote ergibt sich eine Vielzahl verschiedener Verpflichtungen für das betroffene Institut.

Neben der Verpflichtung zum Einholen einer Erlaubnis zur vorzeitigen Kündigung, Tilgung, Rückzahlung oder den Rückkauf von Instrumenten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten vor deren vertraglicher Fälligkeit haben Institute eine effiziente Steuerung und Überwachung der MREL sicherzustellen. In diesem Kontext sind u.a. bestehende Prozesse zu überprüfen und ggf. anzupassen oder neu aufzusetzen. 

Exkurs
MREL für Less Significant Institutes (LSIs)[5]

  • In allen Abwicklungsplänen für 2022 wurden Ziele für die Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (MREL) im Einklang mit der BRRD2 und der MREL-Policy des SRB festgelegt. Das durchschnittliche Gesamtrisikobetrags (TREA)-Ziel einschließlich der kombinierten Pufferanforderung (Combined Buffer Requirement - CBR) liegt bei 24,75%, während die Leverage-Ratio-Exposure (LRE) bei 6,05% liegt (bei 68 LSIs mit Abwicklungsstrategie).
  • Am Ende des Abwicklungsplanungszyklus 2022 wiesen 25 der 68 LSIs mit Abwicklungsstrategie eine Unterschreitung der endgültigen Ziele auf. Die kumulierte MREL-Unterschreitung belief sich auf 3,5 Mrd. EUR (oder 3,8%) des TREA einschließlich des CBR und 220 Mio. EUR (oder 0,7%) der LRE. Die MREL-Übergangsfrist wurde für 10 dieser LSIs über den 1. Januar 2024 hinaus verlängert.
  • Nach den verfügbaren Daten zum 31. Dezember 2022 umfassen die MREL-fähigen Instrumente hauptsächlich Common Equity Tier 1 (CET1) (66%), gefolgt von vorrangigen unbesicherten Verbindlichkeiten (11%) und nicht gedeckten und nicht bevorzugten Einlagen (8%).
  • Im Jahr 2022 emittierten die 68 LSIs Anleihen in Höhe von rund 5,8 Mrd. EUR (Rückgang von 8 % gegenüber dem Vorjahr). Aufgrund der verschlechterten makroökonomischen Aussichten sind die Finanzierungskosten im Jahr 2022 und in der ersten Hälfte des Jahres 2023 erheblich gestiegen. LSIs emittierten hauptsächlich vorrangige unbesicherte/vorrangige Anleihen. In diesem Segment entsprach das Spread-Niveau dem von SIs.

Fazit

Wir unterstützen bei der Konzipierung, Erstellung und Qualitätssicherung von Bail-in Playbooks inkl. dazugehöriger Anlagen und unterstützen Institute mit unserer umfassenden Erfahrung bei der effizienten und ressourcenschonenden Umsetzung der aufsichtlichen Anforderungen. Ebenso stehen wir Ihnen beim Thema MREL gerne als kompetenter Ansprechpartner mit umfassender Umsetzungskompetenz zur Seite.

Haben Sie weitere Fragen oder sehen Sie Diskussionsbedarf? Sprechen Sie uns gerne an! Verpassen Sie außerdem nicht Teil 3 der Blogreihe zur MaAbwicklungsfähigkeit, in der wir näher auf die Dimension Liquidität und Refinanzierung eingehen.

Gerne unterstützen wir Sie mit unserer umfassenden Erfahrung im Kontext der Abwicklungsplanung bei der effizienten Umsetzung der aufsichtlichen Anforderungen. Sprechen Sie uns an!

[1] 1: Governance, 2: Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität, 3: Liquidität und Refinanzierung, 4: Operative Kontinuität und Zugang zu FMI Dienstleistungen, 5: Informationssysteme und Datenanforderungen, 6: Kommunikation, 
7: Separierbarkeit und Restrukturierung

[2] Das SAG ermächtigt die Abwicklungsbehörde in den §§ 59 und 60 zur Anordnung bzw. Durchführung von Maßnahmen zu Abbau und Beseitigung von Abwicklungshindernissen bei Instituten bzw. Abwicklungsgruppen.

[3] Zusätzlich zur MREL-Zielquote (TREA) sind die kombinierten Kapitalpufferanforderungen zu erfüllen. 

[4] Die Anwendung des Marktvertrauenszuschlags liegt im Ermessen der Abwicklungsbehörde. Beispielsweise wird der Zuschlag bei Instituten angewendet, die von unbesichertem Wholesale-Funding abhängig sind.

[5] SRB Report zur Abwicklungsplanung und Krisenmanagement bei LSIs vom 05.10.2023

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Dr. Michael Rönnberg

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