Ermäßigter Umsatzsteuersatz bei ausschließlich im elektronischen Weg zum Download erbrachten Unterrichtsmaterialien?

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass eine Unternehmerin, die es dem Nutzer gegen Entgelt ermöglicht, die von auf ihrer Website im internen Bereich zur Verfügung gestellten Materialen einzusehen und diese ggf. auszudrucken und / oder im Wege eines sog. Downloads auf eigene Datenträger abzuspeichern, steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistungen erbringt, die dem Regelsteuersatz von 19 Prozent unterliegen. § 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG ist nicht rückwirkend auf in den Jahren 2011 bis 2013 erbrachte Leistungen anzuwenden.

Sachverhalt

Streitig ist die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes.

Die Klägerin war im Streitzeitraum 2011 bis 2013 nichtselbständig tätig. Daneben erstellte sie im Streitzeitraum Skripte/Materialien, welche als Unterrichtsgrundlagen genutzt werden konnten. Die Bereitstellung der Skripte/Materialien erfolgte dabei ausschließlich auf elektronischem Wege über die von der Klägerin betriebene Webseite. In den von ihr gestellten Rechnungen wies die Klägerin den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7% aus.

Anlässlich einer Betriebsprüfung für die Streitjahre vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Klägerin auf elektronischem Wege Leistungen erbringe, die nicht dem ermäßigten, sondern dem Regelsteuersatz unterlägen.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Münster hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen.

Die hier wegen des Leistungsorts im Inland steuerbaren und mangels Eingreifens einer Steuerbefreiung auch steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin hat der Beklagte zu Recht dem Regelsteuersatz von 19% unterworfen (§ 12 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG)). Denn diese Umsätze unterfallen weder der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 jeweils i.V.m. Anlage 2 Nr. 49 Buchst. a) UStG noch nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe c) UStG, soweit die Klägerin das Material im internen Bereich zur Ansicht und zum Download bereitstellt.

Nach Anhang III Nr. 6 MwStSystRL können die ermäßigten Steuersätze gemäß Art. 98 MwStSystRL auf die Lieferung von Büchern auf jeglichen physischen Trägern, einschließlich des Verleihs durch Büchereien (einschließlich Broschüren, Prospekte und ähnliche Drucksachen), angewandt werden. Im Streitfall hat die Klägerin aber keine Lieferungen der von ihr erstellten Materialien auf physischen Trägern erbracht, sondern diese auf elektronischem Weg als sonstige Leistungen zum Abruf und Download ihren Nutzern zur Verfügung gestellt.

Zwar ist durch die EU-Richtlinie 2018/1713 die MwStSystRL dahingehend geändert wurde, dass sie den Mitgliedstaaten nunmehr die Möglichkeit einräumt, auf Umsätze mit Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und anderen Erzeugnissen unabhängig von der äußerer Form der Publikation einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Der nationale Gesetzgeber hat in Umsetzung dieser Richtlinie durch das JStG 2019 durch Art. 11 Nr. 7 Buchst. b) den § 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG neu in das UStG eingefügt. Danach gilt nunmehr die Steuersatzermäßigung auch für folgende Leistungen: „die Überlassung der in Nr. 49 Buchst. a) bis e) und Nr. 50 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen in Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen“.

Diese Neuregelung kommt jedoch erstmals mit Wirkung vom 18. Dezember 2019 zur Anwendung, so dass eine rückwirkende Anwendung für die Streitjahre nicht in Betracht kommt.

Das Urteil ist laut LEXinform rechtskräftig. Das Finanzgericht hatte die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zugelassen.

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Urteil vom 28. Januar 2020 (15 K 2629/17 U), rkr.

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