Update: Freibetrag bei unterjähriger Begründung einer GmbH & atypisch Still

Nimmt eine GmbH im laufenden Jahr eine natürliche Person als atypisch stillen Gesellschafter auf, so ist der für Einzelunternehmen und Personengesellschaften geltende Freibetrag von 24.500 € in dem an die GmbH als Geschäftsherrn zu adressierenden, die GmbH & atypisch Still betreffenden Gewerbesteuermessbescheid zu berücksichtigen.

Der GmbH selbst steht der Freibetrag nicht zu; der aufgrund des von ihr vor der Aufnahme des stillen Gesellschafters erzielten Gewinns ermittelte Gewerbeertrag ist daher nicht zu kürzen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH (gegründet 2008) nahm ab dem 18. Dezember 2015 eine natürliche Person als atypisch stillen Gesellschafter auf.

Das Finanzamt nahm für Zwecke der Gewerbesteuer eine Aufteilung des Gewinns 2015 für die Zeiträume vor und nach Begründung der stillen Gesellschaft vor. Den Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) in Höhe von 24.500 € gewährte es nur für den auf den Zeitraum ab dem 18. Dezember 2015 entfallenden Gewinn.

Die Klägerin legte fristgerecht Einspruch ein und bat um die Gewährung des vollen Freibetrages gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG in Höhe von 24.500 €.

Die Klage vor dem Finanzgericht Münster blieb ohne Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich in der Sache der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Einer GmbH & atypisch Still ist der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG zu gewähren, obwohl der gesetzgeberische Grund des Freibetrages, die fehlende Abziehbarkeit der an Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlten Vergütungen, bei ihr nicht zutrifft (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. BFH, Urteile vom 10. November 1993, I R 20/93 sowie vom 8. Februar 1995, I R 127/93).

Der Gewerbeertrag ist bei unterjähriger Begründung einer Mitunternehmerschaft um den vollen und nicht bloß um einen zeitanteiligen Freibetrag zu kürzen (vgl. Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 9. Aufl., § 11 Rz 7; Blümich/Gosch, § 11 GewStG Rz 11).

Von der sachlichen Steuerpflicht der atypisch stillen Gesellschaft ist die persönliche Steuerpflicht zu unterscheiden. Bei der stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. des Handelsgesetzbuchs handelt es sich um eine Personengesellschaft in Form der Innengesellschaft (MüKoHGB/Karsten Schmidt, 4. Aufl., § 230 Rz 7). Für die atypische stille Gesellschaft gilt insoweit nichts anderes (MüKoHGB/Karsten Schmidt, a.a.O., § 230 Rz 81).

Eine GmbH & atypisch Still kann als reine Innengesellschaft nicht Beteiligte in einem Verfahren wegen Gewerbesteuer sein. Die für sie ermittelten Besteuerungsmerkmale sind deshalb in einem gegen den Geschäftsherrn die GmbH als Steuerschuldner gerichteten Gewerbesteuermessbescheid zu erfassen (u.a. BFH, Urteil vom 14. September 1989, IV R 85/88).

Aufgrund des Fehlens eines gemeinschaftlichen Vermögens ist der Inhaber des Handelsgeschäftes, somit die GmbH, nach § 5 Abs. 1 GewStG Steuerschuldner hinsichtlich der Gewerbesteuer der atypisch stillen Gesellschaft (z.B. BFH, Urteil vom 12. November 1985, VIII R 364/83).

Die GmbH ist auch Adressat des die GmbH & atypisch Still betreffenden Gewerbesteuermessbescheids. Die entgegenstehende Auffassung der Klägerin beruht auf einer Verwechselung der hier auseinander fallenden sachlichen Steuerpflicht und der Steuerschuldnerschaft (vgl. dazu auch BFH, Urteil vom 8. Dezember 2016, IV R 8/14).

Update (16. März 2022)

Das Urteil III R 68/18 wurde im BStBl. veröffentlicht, BStBl. II 2021, Seite 869.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 15. Juli 2020 (III R 68/18), veröffentlicht am 04. März 2021.

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