Mitunternehmerschaft und Gewerbesteuerpflicht für eine juristische Sekunde

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs kann eine Mitunternehmerschaft auch für lediglich eine juristische Sekunde bestehen. In einem derartigen Fall kann sie auch für diese juristische Sekunde sachlich gewerbesteuerpflichtig sein.

Hintergrund

Der Streitfall betraf folgende Fragen: Unterhält eine Personengesellschaft, die mit dem Ziel gegründet wurde, ein Wirtschaftsgut zu übernehmen und dieses durch Verkauf der Mitunternehmeranteile weiter zu übertragen, einen Gewerbebetrieb? Beteiligt sich die Gesellschaft bereits dadurch, dass sie das Wirtschaftsgut übernimmt und als Vehikel für dessen Veräußerung dient, am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr? Der Fall betraf konkret die gewerbesteuerliche Erfassung eines Veräußerungsgewinns einer gewerblich geprägten KG.

Da die in dem Kreditportfolio enthaltenen Darlehen der X-AG nicht gekündigt beziehungsweise unkündbar waren, sollten die Kreditverhältnisse zusammen mit sämtlichen Rechten und Pflichten aus den bankmäßigen Geschäftsverbindungen mit den Kunden ohne deren Zustimmung durch Ausgliederung zur Aufnahme in eine GmbH & Co. KG übertragen werden und unmittelbar nach Wirksamwerden der Ausgliederung im Wege der Abtretung der Geschäftsanteile und Anwachsung auf einen Erwerber mit Bankerlaubnis ( Y-Ltd.) übergehen. Zu diesem Zweck gründete die X-AG im Dezember 2005 die X-KG. Danach wurde das Kreditportfolio der X-AG im Wege der Ausgliederung gegen Erhöhung der Kommanditeinlage der X-AG bei der X-KG übertragen. Als Stichtag für die Ausgliederung wurde der 01.11.2005, 00:00 Uhr vereinbart.

Das Finanzamt bejahte eine Gewerbesteuerpflicht und ging von einem Veräußerungsgewinn aus. Das Finanzgericht hatte der Klage in diesem Punkt stattgegeben.

Entscheidung des BFH

Das Urteil des Finanzgerichts war aufzuheben, weil es bei seiner Entscheidung, ob die X-KG sachlich gewerbesteuerpflichtig gewesen ist, unzutreffende Rechtsgrundsätze zugrunde gelegt hat, indem es nicht maßgeblich auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit der X-KG abgestellt hat, sondern im Wesentlichen auf die Absicht der an ihr beteiligten Gesellschafter. Der BFH hat demgegenüber den Beginn einer vermögensverwaltenden und damit werbenden Tätigkeit der KG bejaht, weil die KG die wirtschaftliche Verfügungsbefugnis über ein Kreditportfolio gehabt habe.

Wie dargelegt, kommt es für die Frage, ob eine Personengesellschaft eine originär gewerbliche Tätigkeit ausübt oder als gewerblich geprägte Personengesellschaft vermögensverwaltend tätig ist, maßgeblich auf die Tätigkeit der Personengesellschaft an. Hierzu kann als Indiz auf den im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Gegenstand des Unternehmens zurückgegriffen werden; letztlich maßgeblich ist allerdings die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit.

Entscheidend ist, so der BFH, ob sich aus den tatsächlichen Umständen (hier: dem Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft) ergibt, dass die an ihr beteiligten Gesellschafter die Möglichkeit hatten, Mitunternehmerinitiative auszuüben und Mitunternehmerrisiko zu tragen.

Ausgehend davon durfte das Finanzgericht zur Bestimmung des Unternehmensgegenstands der X-KG weder auf den zwischen der X-AG und der Y-Ltd. (Käufer) abgeschlossenen Rahmenvertrag, an dem die X-KG überhaupt nicht beteiligt war, noch auf die sich daraus ergebenden Absichten der an der X-KG beteiligten Gesellschafter abstellen. Die Absicht der X-AG als einziger Kommanditistin der X-KG und alleiniger Gesellschafterin der an der X-KG als Komplementärin beteiligten X-GmbH, diese Anteile an die Y-Ltd. zu veräußern und abzutreten, ist für die Frage, welche Tätigkeit die X-KG ausgeübt hat, ohne Bedeutung. Unternehmensgegenstand einer Personengesellschaft kann nicht die Veräußerung ihrer Anteile durch ihre Gesellschafter sein.

Die Sache war jedoch an das Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, da noch Feststellungen zur Bestimmung der Höhe des Veräußerungsgewinns und gegebenenfalls einer Regressforderung getroffen werden müssen.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 15. Juni 2023 (IV R 30/19) – veröffentlicht am 28. September 2023.

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