IT-Talente für den öffentlichen Sektor gewinnen

Behörden besitzen wirkungsvolle Hebel, um für IT-Fachkräfte attraktiver zu werden

Essenziell für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung sind genügend qualifizierte Mitarbeiter:innen. Schließlich muss die digitale Transformation auch jemand umsetzen. Das ist, neben der eigentlichen Digitalisierung, die nächste Mammutaufgabe: PwC-Berechnungen zeigen, dass die Verwaltungen in Deutschland bis zum Jahr 2030 etwa 100.000 neue IT-Fachkräfte benötigen – sehr konservativ geschätzt.

Auf den ersten Blick hat der öffentliche Sektor im Wettbewerb um IT-Fachleute eher schlechte Karten. Denn er konkurriert überwiegend mit privaten Unternehmen, die nicht nur ein modernes Image haben, sondern meist auch höhere Gehälter zahlen können. Auf den zweiten Blick allerdings ist der öffentliche Sektor keineswegs hoffnungslos unterlegen. Mit gezielten Maßnahmen können öffentliche Einrichtungen ihre Vorteile maximal wirksam ausspielen.

Der öffentliche Sektor und die Generation Z passen gut zusammen

Der öffentliche Sektor ist nicht überall hip, aber etliche seiner Charakteristika sind gerade für die junge Generation attraktiv: So sind Purpose und gesellschaftlicher Mehrwert der Tätigkeiten für die Gen Z, die zwischen den Jahren 1995 und 2010 Geborenen, entscheidungsrelevant und wiegen häufig schwerer als rein monetäre Aspekte. Ebenso sind ein nachhaltiger Lebensstil, eine gute Work-Life-Balance und der Erhalt der mentalen Gesundheit wichtige Prioritäten. Und bei diesen Aspekten ist der öffentliche Sektor als Arbeitgeber konkurrenzfähig, auch beim Wettbewerb um IT-Spezialist:innen.

Dennoch: Junge Arbeitnehmer:innen wünschen sich auch Flexibilität und Gestaltungsfreiräume; (allzu) feste Strukturen und starre Hierarchien schrecken sie eher ab. Für die Verwaltungen muss es daher zentral sein, ihre Organisation agiler zu gestalten – und dies nicht allein unter Recruitingaspekten. Viele Behörden haben während der Coronapandemie verhältnismäßig rasch unter anderem umfassende Homeofficemöglichkeiten etabliert. Das hat gezeigt, dass sich auch im öffentlichen Sektor Arbeitsorganisation und -kultur zügig und nachhaltig modernisieren lassen.

Eine zeitgemäße Arbeitgebermarke schaffen und richtig bewerben

Klar ist allerdings auch: Selbst wenn Verwaltungen notwendige Veränderungen zügig angehen, benötigen sie Zeit. Und der IT-Fachkräftemangel besteht schon heute. Die Institutionen des öffentlichen Sektors sollten deshalb zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um kurzfristig mehr Fachkräfte zu erreichen. Dazu gehört ein besseres Personalmarketing, das die gemeinsamen Werte von öffentlichem Sektor und der Gen Z in den Fokus rückt. Zeitgemäß vermitteln lässt sich dies etwa mit Formaten wie Podcasts und Hackathons. Klassische Stellenanzeigen spielen zwar nach wie vor eine Rolle, dürfen aber nicht mit formalen Vorgaben überfrachtet sein. Stattdessen sollten sie sich auf die Kompetenzen der Bewerber:innen konzentrieren und/oder ein Bild der Organisationskultur vermitteln.

Verwaltungen können außerdem gezielt IT-Fachleute ansprechen, die sie bisher nicht berücksichtigt haben – und so den Pool der potenziellen Bewerber:innen vergrößern. Beispielsweise Tech-Talente, die ihre Fähigkeiten nicht auf dem klassischen Weg erworben haben, sondern im Selbststudium, durch Weiterbildung oder Arbeitserfahrung. Auch ausländische (IT-)Studienabschlüsse fallen bislang noch oft durch das Suchraster. Behörden sollten deshalb die formalen Anforderungen an ihre ausgeschriebenen Stellen regelmäßig überprüfen, um sich nicht unnötig einzuschränken.

Recruiting auf diversifizierte Bewerber:innenprofile ausrichten

Sind potenzielle IT-Fachkräfte einmal auf Arbeitgeber aus dem öffentlichen Sektor aufmerksam geworden, gilt es, den Bewerbungsprozess so zu gestalten, dass er auf diversifizierte Hintergründe, Anforderungsprofile und Persönlichkeiten ausgerichtet ist. Die suchende Institution sollte den Bewerber:innen das Gefühl vermitteln, dass sie sich aufrichtig für ihren Hintergrund und ihre Potenziale interessiert. Dazu sollten die Behörden ihre Prozesse flexibilisieren und vor allem die Durchlaufzeiten verkürzen – beispielsweise indem weniger Stellen Personalentscheidungen mitzeichnen (müssen). Spezielle Personalgewinnungseinheiten für IT-Stellen könnten Besonderheiten und Anforderungen der Zielgruppe im Prozess moderieren.

Grundsätzlich sollten Verwaltungen ihre Personalgewinnung entlang der Bedürfnisse potenzieller Bewerber:innen und aus deren Perspektive gestalten. Die Employer Journey beginnt bei der Nutzungsfreundlichkeit des Bewerbungstools und reicht über das Einreichen diverser Unterlagen sowie die Planung und Ausgestaltung von Bewerbungsgesprächen bis hin zur Betreuung nach den Bewerbungsgesprächen und zum ersten Arbeitstag.

Gespräche mit Bewerber:innen zeigen, dass die Personen, die mit ihnen Auswahlgespräche führen, oft der einzige Prüfpunkt für Kultur und Führungsverhalten des potenziellen zukünftigen Arbeitgebers sind. Diese Gespräche sind daher sehr wichtig bei der Entscheidung für oder gegen ein Angebot. In Summe kommt es darauf an, die ausgetretenen Pfade beim IT-Fachleute-Recruiting zu verlassen, um auch dadurch Zukunftssicherung für den öffentlichen Sektor zu betreiben.

Ansprechpartner:
Michael Brons

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Prof. Dr. Rainer Bernnat

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