Autonomes Fahren in die Fläche bringen
Fahrzeuge, die sich ohne Fahrer:innen selbstständig durch den Straßenverkehr bewegen, sind für viele Menschen immer noch eine futuristische Vorstellung.
Allerdings ist das autonome Fahren mittlerweile praxisreif, zumindest auf bestimmten Strecken. Neue Technologien, die autonomes Fahren ermöglichen, machen den Individualverkehr für Verkehrsteilnehmer:innen bequemer, erleichtern einen effizienteren Verkehrsfluss – und haben das Potenzial, den öffentlichen Personenverkehr zu stärken und damit die Mobilitätswende voranzutreiben.
Beispielsweise können fahrer:innenlose Shuttles das ÖPNV-Angebot zu nachfragearmen Zeiten und in wenig besiedelten Regionen ergänzen. Automatisierte On-Demand-Dienste, die mit öffentlichen Verkehrsangeboten vernetzt sind, versprechen eine deutlich höhere Angebotsflexibilität. Zudem sind autonome Fahrzeuge eine Chance, das öffentliche Mobilitätsangebot trotz des zunehmenden Fachkräftemangels überall in Deutschland zu erhalten und sogar zu verbessern. Viele Kommunen haben deshalb ein großes Interesse daran, dass sich autonome Fahrzeuge aus ihren Testumgebungen heraus „in die Fläche“ bewegen.
In der Großstadt San Francisco im US-Bundesstaat Kalifornien lässt sich der aktuelle Stand der Technik schon bestens beobachten. Dort bietet das Start-up Waymo mittlerweile einen öffentlich zugänglichen, vollautomatisierten Taxidienst, den Nutzer:innen per App ordern – gewissermaßen wie Uber, nur ohne Fahrer:in. Tester:innen berichten von einem angenehmen, unauffälligen Fahrstil der „Robotertaxen“. Die wenigen Unfälle, in die die autonomen Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr verwickelt sind, erregen zwar stets große Aufmerksamkeit. Untersuchungen zeigen jedoch, dass sie sicherer unterwegs sind als Autos, die von Menschen gesteuert werden.
26 Millionen Euro Förderung allein in Hamburg
So weit ist das autonome Fahren in Deutschland noch nicht – hier kommt es langsamer voran. Allerdings gibt es Pläne, und die sind zum Teil sehr ambitioniert. In Hamburg beispielsweise sollen bis zum Jahr 2030 bis zu 10.000 autonome Shuttles unterwegs sein und eine attraktive Alternative zum Pkw bieten. Eine Vereinbarung zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr besteht bereits. Das Ministerium fördert die Initiative mit 26 Millionen Euro. Auch anderswo, beispielsweise in Darmstadt und im Kreis Offenbach, gibt es Projekte.
Die grundsätzliche Problematik: Ein enorm hoher Investitionsbedarf und damit verbundene wirtschaftliche Unwägbarkeiten treffen auf komplexe Regularien. Das erschwert es, Projekte zum autonomen Fahren in der Fläche auszurollen. Gleichzeitig ist die Skalierung, der Roll-out, genau das, was es braucht, um autonomes Fahren zum Erfolg zu bringen. Denn je mehr Menschen autonome Fahrzeuge nutzen, desto eher amortisieren sich die Investitionen und desto besser lassen sich die verbliebenen technischen Herausforderungen lösen.
Gute Startbedingungen
Bei allen derzeit noch bestehenden Schwierigkeiten sind die Startvoraussetzungen für das autonome Fahren in Deutschland gut. Mit der im Juli 2022 in Kraft getretenen Autonome-Fahrzeuge- Genehmigungs-und-Betriebs-Verordnung (AFGBV) war die Bundesrepublik das erste Land weltweit, das fahrerlose Kraftfahrzeuge im Regelbetrieb erlaubt hat. Die AFGBV ist darauf ausgelegt, möglichst viele verschiedene Einsatzszenarien abzudecken. Sie beschränkt autonome Fahrzeuge aber zunächst auf festgelegte Betriebsbereiche.
Bei allen derzeit noch bestehenden Schwierigkeiten sind die Startvoraussetzungen für das autonome Fahren in Deutschland gut. Mit der im Juli 2022 in Kraft getretenen Autonome-Fahrzeuge- Genehmigungs-und-Betriebs-Verordnung (AFGBV) war die Bundesrepublik das erste Land weltweit, das fahrerlose Kraftfahrzeuge im Regelbetrieb erlaubt hat. Die AFGBV ist darauf ausgelegt, möglichst viele verschiedene Einsatzszenarien abzudecken. Sie beschränkt autonome Fahrzeuge aber zunächst auf festgelegte Betriebsbereiche.
Genehmigungen vereinfachen
Auch die Fragmentierung der Regulatorik verlangsamt die Entwicklung: So haben Unternehmen, die autonomes Fahren anbieten möchten, es nicht nur mit dem Kraftfahrt-Bundesamt zu tun, sondern auch mit dem Bundesverkehrsministerium, technischen Diensten, Datenschutzbeauftragten der Länder sowie den Kommunen. Noch ein Vergleich mit dem Ausland: In Dubai zum Beispiel, der Hauptstadt des Emirats Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten, ist für alle relevanten Fragen zum autonomen Fahren nur eine einzige Behörde zuständig. Auch wenn das für Deutschland unrealistisch erscheint: Stärker koordinierte Zulassungsprozesse wären auch hierzulande machbar.
Fazit: Um autonom fahrende Verkehrsmittel in Deutschland in die Fläche zu bringen, müssen alle Beteiligten gemeinsam größer denken – und handeln. Nur dann wird die Technologie für alle Beteiligten ein Erfolg. Natürlich gilt das auch für die Kommunen. Dass sich immer mehr Kommunen für das autonome Fahren engagieren, zeigt, dass sie sein Potenzial erkannt haben. Realisieren lässt sich dieses Potenzial aber nur, wenn die Städte, Gemeinden und Kreise in Deutschland über das Stadium kleinerer Einzelprojekte hinauskommen und ihre Vorhaben gemeinsam und entschlossen angehen.
Ansprechpartner:
Maximilian Rohs
Kontakt
Prof. Dr. Rainer Bernnat
Partner
Frankfurt am Main