Kreditzweitmarktgesetz zur Förderung des Abbaus notleidender Kreditpositionen in Bankbilanzen (Update)
Am 29. Dezember 2023 wurde das Kreditzweitmarktförderungsgesetz im Bundesgesetzblatt (BGBl. I 2023, Nr. 411) veröffentlicht, mit dem hauptsächlich die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer erfolgt.
Der Beitrag wurde ursprünglich am 23.11.2023 veröffentlicht und am 22.12.2023 sowie am 30.01.2024 aktualisiert.
Hintergrund und Zielstellung
Nach der globalen Finanzkrise haben hohe Bestände an notleidenden Krediten in der EU die Bankbilanzen belastet und die Erholung der Branche verlangsamt.
Notleidende Kredite haben aufgrund der Belastung des Eigenkapitals negative Auswirkungen auf die Neukreditvergabe von Banken, wodurch deren volkswirtschaftliche Funktion eingeschränkt wird und negative grenzüberschreitende Ausstrahlungseffekte die Folge sein können.
Der Verkauf von notleidenden Krediten an institutionelle Investoren außerhalb des Bankensektors bietet Kreditinstituten die Möglichkeit, ihre Bilanzen frühzeitig zu entlasten.
Derzeit existiert auf Ebene der Mitgliedsstaaten der EU jedoch keine einheitliche Regulierung von Kreditdienstleistern, sodass internationale Käufe bzw. Verkäufe von Kreditforderungen aufgrund unterschiedlicher Compliance-Anforderungen, einer geringen Nachfrage und hohen Kosten für die Marktteilnehmer in nur geringem Umfang getätigt werden.
Um die aktuellen Bestände an notleidenden Krediten abzubauen und einen zukünftigen Aufbau zu verhindern, hat sich der Rat der EU im Jahr 2017 auf einen Aktionsplan zum Abbau notleidender Kredite geeinigt, welcher eine Kombination verschiedener Maßnahmen umfasst.
Eine dieser Maßnahmen ist die Richtlinie (EU) 2021/2167 vom 24. November 2021 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer, welche den Kreditinstituten verbesserte Handlungsoptionen zur Vorgehensweise mit notleidenden Krediten ermöglichen soll.
So sollen diese über effiziente und transparente Sekundärmärkte an einen Kreditkäufer verkauft oder Kreditdienstleister mit der Verwaltung beauftragt werden können. Zur Stärkung der Kreditnehmerrechte soll eine Zulassung und Beaufsichtigung durch die nationalen Aufsichtsbehörden erfolgen.
Mit dem Kreditzweitmarktgesetz (KrZwMG) als Teil des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes, das am 29. Dezember 2023 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I 2023, Nr. 411) veröffentlicht wurde, erfolgt die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht. Dieses regelt einerseits die Pflichten von Kreditinstituten als Verkäufer von notleidenden Krediten und andererseits die Pflichten deren Käufer und die Anforderungen an die Erbringung von Kreditdienstleistungen sowie die Aufsicht von Kreditdienstleistungsinstituten.
Definitionen
Im Rahmen des Kreditzweitmarktgesetzes wird eine Reihe neuer Begriffe und Definitionen eingeführt, die im Folgenden dargestellt werden.
Als Kreditdienstleister gelten:
- Kreditdienstleistungsinstitute
- Kreditinstitute, sofern sie Kreditdienstleistungen für einen Kreditkäufer erbringen.
Als Kreditdienstleistungsinstitut sind Unternehmen definiert, welche im Namen des Kreditkäufers eine Kreditdienstleistung erbringen. Davon ausgenommen sind Kreditinstitute und zugelassene oder registrierte Kapitalverwaltungsgesellschaften, EU-Verwaltungsgesellschaften und intern verwaltete Investmentgesellschaften.
Kreditkäufer sind natürliche oder juristische Personen, welche im Zuge der Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit einen notleidenden Kredit oder Ansprüche des Kreditgebers daraus erwerben und keine Kreditinstitute sind.
Als Kreditdienstleistungen gelten die folgenden Tätigkeiten, sofern notleidende Kredite oder andere verbundene Ansprüche des Kreditgebers durch einen Kreditkäufer erworben wurden:
- Die Eintreibung von fälligen Zahlungsansprüchen oder sonstigen Ansprüchen des Kreditgebers aus dem Kreditvertrag.
- Die Neuverhandlung der Rechte, Pflichten oder Bedingungen des Kreditvertrags gemäß den Anweisungen des Kreditkäufers, sofern das Kreditdienstleistungsinstitut nicht als Kreditvermittler auftritt.
- Die Bearbeitung von Beschwerden im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag.
- Die Unterrichtung des Kreditnehmers über Änderungen von Zinssätzen, Belastungen oder fälligen Zahlungen im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag.
Bezüglich der Definition von notleidenden Krediten bezieht sich das Kreditzweitmarktgesetz auf den Begriff der notleidenden Risikoposition gemäß CRR-Definition, die einen Zahlungsverzug von über 90 Tagen zugrunde legt.
Regelungsinhalte
Die Regelungen des Kreditzweitmarktgesetzes gelten für Kreditkäufe oder Kreditdienstleistungen, die ab dem 1. Januar 2024 getätigt werden.
Die Beaufsichtigung der Kreditinstitute, der Kreditkäufer und Kreditdienstleister erfolgt durch die BaFin.
Kreditinstitute
Für Kreditinstitute gelten Informationspflichten vor dem Verkauf von notleidenden Krediten. Sie haben dem potenziellen Kreditkäufer vor Erwerb die relevanten Informationen zu dem Kreditvertrag anhand festgelegter technischer Durchführungsstandards zukommen zu lassen, damit dieser den Wert eigenständig beurteilen kann. Der Käufer hat den Datenschutz und die Vertraulichkeit der Informationen zu gewährleisten.
Darüber hinaus haben Kreditinstitute im Hinblick auf eine harmonisierte Überwachung bestimmte Meldepflichten zu erfüllen. Sofern notleidende Kredite bzw. Ansprüche an einen Kreditkäufer übertragen wurden, müssen die Kreditinstitute halbjährlich die folgenden Informationen an die Aufsicht melden:
- Die Rechtsträgerkennung des Kreditkäufers.
- Den aggregierten offenen Betrag der verkauften notleidenden Kredite.
- Die Anzahl und das Volumen der verkauften notleidenden Kredite.
- Die Angabe, ob es sich um ein Verbraucherdarlehen handelt.
Um in besonderen Situationen eine bessere Überwachung sicherzustellen, kann sich die Aufsicht diese Informationen vierteljährlich übermitteln lassen.
Kreditkäufer
Da Kreditkäufer keine neuen Kredite erzeugen, sondern auf eigenes Risiko bereits bestehende notleidende Kredite erwerben, benötigen diese hierfür keine eigenständige Zulassung der BaFin.
Sofern ein Kreditkäufer jedoch kein Kreditdienstleister ist, hat dieser bei Erwerb des notleidenden Kredits einen Kreditdienstleister mit der Durchführung der Kreditdienstleistungen im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu beauftragen und mit ihm eine schriftliche Kreditdienstleistungsvereinbarung zu schließen. Darüber hinaus hat der Kreditkäufer in diesem Fall der BaFin spätestens zu Beginn der Kreditdienstleistung den Namen und die Adresse des Kreditdienstleisters mitzuteilen.
Sollte der Kreditkäufer den notleidenden Kredit an einen neuen Kreditkäufer weiterverkaufen, hat der Verkäufer die oben beschriebenen Meldepflichten gegenüber der BaFin halbjährlich zu erfüllen.
Kreditdienstleistungsinstitute
Die Erbringung von Kreditdienstleistungen erfordert eine Zulassung der BaFin. Davon ausgenommen sind Kreditinstitute, die bereits über eine Erlaubnis zum Betreiben des Kreditgeschäfts verfügen. Voraussichtlich sind damit überwiegend Inkassounternehmen betroffen, die bereits heute mit Bankforderungen unternehmerisch tätig sind und somit zur zukünftigen Fortführung ihres Geschäfts mit notleidenden Krediten einen Zulassungsantrag vorbereiten und einreichen müssen.
Der Antrag hat neben grundsätzlichen Informationen des Unternehmens die Art der geplanten Geschäfte und den organisatorischen Aufbau zu umfassen sowie Angaben zur ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation hinsichtlich der Organisationspflichten und der internen Kontrollverfahren, die Kreditdienstleistungsinstitute implementieren und vorweisen müssen.
Zur Achtung der Kreditnehmerrechte müssen außerdem Grundsätze zum Schutz der personenbezogenen Daten und der Sicherstellung einer angemessenen und fairen Behandlung von Kreditnehmern festgelegt werden. Dies umfasst Regelungen zur Datenverarbeitung, der Kommunikation und Verhaltensmaßnahmen der Beschäftigten und die regelmäßige Unterrichtung der Geschäftsleitung über deren Einhaltung und Wirksamkeit. Die Geschäftsleiter eines Kreditdienstleistungsinstituts müssen darüber hinaus über entsprechende Fachkenntnis und Erfahrung verfügen. Ebenfalls sind Prozesse für ein kostenloses Beschwerdemanagement einzurichten.
Diese Regelungen müssen spätestens zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung durch die Geschäftsführung beschlossen und schriftlich dokumentiert sein. Nähere Informationen zum vorgeschriebenen Umfang der Maßnahmen sind im Kreditzweitmarktgesetz nicht geregelt, Institute sind jedoch voraussichtlich gut beraten, ihre Kontrollverfahren in Anlehnung an die MaRisk zu gestalten.
Zur Durchführung der Kreditdienstleistungen darf ein Kreditdienstleistungsinstitut über ein Treuhandkonto finanzielle Mittel von Kreditnehmern entgegennehmen und halten, damit diese an den Kreditkäufer übertragen werden können. Es gelten eigene Aufbewahrungspflichten für die im Rahmen einer Kreditdienstleistungsvereinbarung erfolgten Aufzeichnungen.
Außerdem ist den Kreditdienstleistungsinstituten die Möglichkeit eingeräumt, einzelne Kreditdienstleistungen auszulagern.
Kreditdienstleistungsinstitute sind ebenfalls verpflichtet, ihren Jahresabschluss für das vergangene Geschäftsjahr in den ersten drei Monaten des laufenden Geschäftsjahres aufzustellen und diesen ggf. durch einen Abschlussprüfer prüfen zu lassen. Die Prüfungspflicht ist im Gesetz nicht näher präzisiert, sodass gemäß einer Stellungnahme des IDW[1] voraussichtlich die allgemeinen Vorgaben des Handelsgesetzbuches gelten und nicht auch die besonderen Regelungen des Dritten Buches, Vierter Abschnitt, Erster Unterabschnitt HGB. Demnach würde für kleine Kreditdienstleistungsinstitute nach § 316 HGB keine Prüfungspflicht gelten. Die vorgeschriebenen Bestandteile der Prüfung sind neben dem Jahresabschluss auch die wirtschaftlichen Verhältnisse und explizit die regulatorischen Anforderungen zur Einhaltung der Organisationspflichten.
Zugelassene Kreditdienstleistungsinstitute dürfen Kreditdienstleistungen ebenfalls grenzüberschreitend in einem anderen EU-Land erbringen, sowie auch in anderen EU-Ländern zugelassene Kreditdienstleistungsinstitute ihre Kreditdienstleistungen in Deutschland durchführen dürfen.
Um eine doppelte Beaufsichtigung zu vermeiden, unterliegen Kreditdienstleister mit der Erbringung von Kreditdienstleistungen im Sinne des Kreditzweitmarktgesetzes nicht den Regelungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes.
Next Steps
Das Gesetz sieht Übergangsbestimmungen vor, sodass Unternehmen, die bereits vor Inkrafttreten Kreditdienstleistungen erbringen, diese Tätigkeiten noch bis zu sechs Monate (spätestens bis Ende Juni 2024) ohne Zulassung ausführen dürfen.
Aufgrund der zeitnahen Geltung der Regelungen sollten Unternehmen, die Kreditdienstleistungen erbringen und bisher auch nicht über eine Zulassung der BaFin aufgrund ihrer Eigenschaft als Kreditinstitut verfügen, einen Zulassungsantrag als Kreditdienstleistungsinstitut vorbereiten.
Darüber hinaus sollten geeignete Strukturen, Prozesse und Kontrollen für die geforderte Geschäftsorganisation, der Meldepflichten und das Beschwerdemanagement eingerichtet oder überprüft werden.
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