Erbschaftsteuer: Beschäftigte einer Holdinggesellschaft bei Berechnung des Verschonungsabschlags nicht einzubeziehen

Hat eine Holding-Gesellschaft weniger als 20 Beschäftigte, ist der Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 Erbschaftsteuergesetz 2009 ungeachtet einer Unterschreitung der maßgeblichen Lohnsumme auch dann in vollem Umfang zu gewähren, wenn die Anzahl der Arbeitnehmer der verbundenen Unternehmen deutlich über 20 Beschäftigten liegt.

Für die Frage, ob der Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetz 2009 (ErbStG a.F.) in vollem Umfang zu gewähren ist, weil der übertragene Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat, ist für Erbfälle vor dem 30. Juni 2013 nur auf die Anzahl der Arbeitnehmer der übertragenen „Spitzeneinheit“ und nicht auch auf die Anzahl der Arbeitnehmer der verbundenen Unternehmen abzustellen. So lautet die Rechtsfindung des BFH zur früheren Rechtslage im ErbStG.

Die Klägerin und ihre beiden Schwestern sind zu je 1/3 Erben ihres 2007 verstorbenen Vaters (Erblasser). Der Nachlass bestand aus einer Vielzahl von Beteiligungen und Vermögensgegenständen. Unter anderem war der Erblasser an einer Holding-KG beteiligt. Die Holding-KG hatte selbst weniger als 20 Beschäftigte. Unter Einbeziehung der Beschäftigten der nachgeordneten Beteiligungsgesellschaften ergab sich eine Ausgangslohnsumme zur Berechnung der Lohnsummengrenze in Höhe von 93.169.223 EUR. Im Zeitraum von fünf Jahren nach dem Erbfall betrug die Lohnsumme 3,77 % weniger als 400 % der Ausgangslohnsumme. Das Finanzamt kürzte daher den Verschonungsabschlag des § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. um 3,77 % (erster Streitpunkt). In ihrer Erbschaftsteuererklärung machten die Erbinnen u.a. Einkommensteuerschulden des Erblassers als Nachlassverbindlichkeiten geltend (zweiter Streitpunkt).

Nach Meinung des BFH ist der Verschonungsabschlag nicht im Hinblick auf die Lohnsummenregelung zu kürzen. Die Begründung ergibt sich aus dem im Streitjahr gültigen Gesetzeswortlaut und dessen Sinnzusammenhang.

Nach § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG a.F. ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft oder Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Das Erfordernis des Nichtunterschreitens der Mindestlohnsumme gilt nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG a.F. jedoch nicht, wenn die Ausgangslohnsumme 0 EUR beträgt oder der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat.

Unter "Betrieb" i.S. des § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG a.F. ist diejenige wirtschaftliche Einheit zu verstehen, für deren Erwerb die Steuerbegünstigung in Anspruch genommen wird. Dabei sind mehrere rechtlich selbständige wirtschaftliche Einheiten nicht als ein "Betrieb" zusammenzufassen. Das gilt nach Meinung der obersten Steuerrichter selbst dann, wenn zum Betriebsvermögen einer Holdinggesellschaft Beteiligungen an Gesellschaften gehören, die ebenfalls Arbeitnehmer beschäftigen. Bei der Ermittlung der Zahl der Beschäftigten einer Holdinggesellschaft sind folglich nicht die Arbeitnehmer von Gesellschaften, an denen eine Beteiligung besteht, einzubeziehen.

Die Einkommensteuerschulden können als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden. Und zwar auch dann, wenn der Erblasser (wie im Streitfall) noch zu seinen Lebzeiten gegen die Steuerfestsetzung Einspruch eingelegt hat und Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids gewährt wurde. Dazu der BFH: Der Abzug als Nachlassverbindlichkeiten setzt zum einen voraus, dass die Steuerschulden im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bereits entstanden waren oder - für die Einkommensteuer des Todesjahres - der Erblasser den Tatbestand, an den das Gesetz die Steuerpflicht knüpft, bereits verwirklicht hatte. Darüber hinaus müssen die Steuerschulden im Todeszeitpunkt eine wirtschaftliche Belastung darstellen. Die Einlegung eines Einspruchs durch den Erblasser zu dessen Lebzeiten führe nicht dazu, dass die wirtschaftliche Belastung durch die festgesetzte Steuer wegfällt.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 14. November 2018 (II R 34/15), veröffentlicht am 27. März 2019

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