Beginn der Gebäudeherstellung im Investitionszulagenrecht

Ein Vertrag, mit dem ein Investor ein Architekten- und Ingenieurbüro mit der Überwachung des Baus eines noch zu errichtenden Gebäudes beauftragt, ist ein Leistungsvertrag, welcher der Bauausführung zuzurechnen ist. Beginn der Herstellung eines Gebäudes ist somit nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs spätestens der Zeitpunkt, zu dem ein solcher Vertrag abgeschlossen worden ist.

Eine im Fördergebiet ansässige GmbH (Klägerin), die sich mit der Herstellung elektronischer Bauelemente befasst, beabsichtigte eine neue Betriebshalle am Standort H zu errichten. Im Februar 2009 beauftragte sie die M-GmbH mit Planungsarbeiten für die Halle. Die Einreichung des Bauantrags erfolgte im November 2010, die Baugenehmigung wurde im Mai 2011 erteilt. Durch einen Architekten- und Ingenieurvertrag vom 13. April 2011 beauftragte die Klägerin die M-GmbH mit der Erbringung von Leistungen, welche u.a. die Grundleistungen der Leistungsphasen 5 bis 9 gemäß § 3 Abs. 4 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure 2009 (HOAI) betrafen. Im Dezember 2012 erteilte die Klägerin einer Baufirma den Auftrag zur Ausführungen der Arbeiten. Die Klägerin, welche die Begriffsdefinition für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) erfüllte, beantragte eine Investitionszulage nach dem Investitionszulagengesetz (InvZulG) 2010 und gab als Beginn des Vorhabens den 15. April 2011 an. Das Finanzamt nahm als Beginn des Erstinvestitionsvorhabens den Dezember 2012 an, dies führte in der Folge zu reduzierten Zulagensätzen.

Das Finanzgericht hatte die Klage abgewiesen. Es war der Ansicht, der Architekten- und Ingenieurvertrag vom 13. April 2011 sei in seiner konkreten Ausgestaltung nicht als ein der Ausführung zuzurechnender Lieferungs- oder Leistungsvertrag i.S. von § 4 Abs. 2 Satz 5 InvZulG 2010 anzusehen. Er betreffe Planungsleistungen, die nicht zur Ausführung des Bauwerks gehörten. Der BFH gab der Revision statt.

Fiktion des Beginns der Gebäudeherstellung

Grundsätzlich ist bei der Anschaffung von Wirtschaftsgütern Beginn des Erstinvestitionsvorhabens der Zeitpunkt der Bestellung, bei der Herstellung der Zeitpunkt, zu dem mit seiner Herstellung begonnen worden ist (§ 4 Abs. 2 Satz 3 InvZulG 2010). Abweichend hiervon fingiert § 4 Abs. 2 Satz 5 InvZulG 2010 für den Fall der Gebäudeherstellung den Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrages oder die Aufnahme von Bauarbeiten als Herstellungsbeginn.

Bezogen auf den Streitfall: Durch den Vertrag vom 13. April 2011, der nach seinem Inhalt die Grundleistungen der Leistungsphasen 5 bis 9 i.S. des § 3 Abs. 4 HOAI 2009 umfasste, beauftragte die Klägerin die M-GmbH nicht nur mit der Erbringung von Planungsleistungen, sondern auch mit der Bauüberwachung. Spätestens die Leistungsphase 8 (Objektüberwachung - Bauüberwachung oder Bauoberleitung) sei der Bauausführung zuzurechnen, so der BFH. Es handele sich um eine Leistung, die ein Architekt in der Phase erbringt, in der auf einer Baustelle Bauarbeiten durchgeführt werden. Der Umstand, dass zu dem Zeitpunkt, als die Klägerin der M-GmbH (u.a.) die Bauüberwachung übertrug, die zu überwachenden Bauarbeiten noch gar nicht vergeben waren, ändert daran nichts.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 13. Dezember 2018 (III R 22/17), veröffentlicht am 3. April 2019

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