Keine Berichtigung des fehlerhaften Einkommensteuerbescheids bei ordnungsgemäßer Erklärung eines Veräußerungsgewinns i.S. des § 17 EStG durch den Steuerpflichtigen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass ein bestandskräftiger Steuerbescheid nicht mehr vom Finanzamt berichtigt werden kann, wenn die fehlerhafte Festsetzung eines vom Steuerpflichtigen ordnungsgemäß erklärten Veräußerungsgewinns i.S. des § 17 EStG trotz eines vom FA praktizierten "6 Augen-Prinzips" nicht auf einem bloßen "mechanischen Versehen" beruht.

Sachverhalt

Der Kläger hatte in seiner elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung einen Gewinn aus der Veräußerung eines GmbH-Gesellschaftsanteils im Sinne des § 17 EStG zutreffend erklärt und alle hierfür maßgeblichen Unterlagen beim Finanzamt eingereicht. Der Veranlagungssachbearbeiter des Finanzamts prüfte den erklärten Gewinn und behandelte die Veranlagung entsprechend einschlägiger Arbeitsanweisungen unter anderem als "Intensiv-Prüfungsfall", welche nicht nur der Zeichnung durch den Vorgesetzten, sondern auch der Prüfung durch die "Qualitätssicherungsstelle" unterliegt. Nach einem "Abbruchhinweis" im maschinellen Veranlagungsverfahren wurde bei der weiteren Bearbeitung der Einkommensteuererklärung des Klägers ein falscher Wert durch einen Mitarbeiter des FA eingetragen, der im Ergebnis zu einer zu hohen Steuererstattung für den Kläger führte.

Weder im Rahmen der Veranlagung noch bei der Prüfung durch die Qualitätssicherungsstelle noch bei der Zeichnung auf Sachgebietsleiterebene („6-Augen-Prinzip“) fiel der fehlerhafte Eintrag auf. Erst im Zuge einer späteren Außenprüfung wurde der Fehler bei der Festsetzung erkannt und der Einkommensteuerbescheid nach § 129 Satz 1 Ábgabenordnung (AO) berichtigt.

Das Finanzgericht Köln vertrat die Auffassung, dass das Finanzamt zur Berichtigung des fehlerhaften Einkommensteuerbescheides berechtigt gewesen sei.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

129 Satz 1 AO erlaubt nur die Berichtigung von Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten (sog. mechanische Versehen), die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind. § 129 AO ist dagegen nicht anwendbar, wenn dem Sachbearbeiter des FA ein Tatsachen- oder Rechtsirrtum unterlaufen ist oder er den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt hat. Der vorliegende Steuerfall ist von zumindest zwei Mitarbeitern des FA auch inhaltlich geprüft und bearbeitet worden. Das schließt das Vorliegen eines bloß mechanischen Versehens und damit die Anwendung der Berichtigungsnorm des § 129 AO aus.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 10. Dezember 2019 (IX R 23/18), veröffentlicht am 6. Februar 2020, vgl. auch die Pressemitteilung des BFH.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils lesen Sie hier. (No correction of incorrect income tax assessment in the event of correct declaration of a capital gain by the taxpayer)

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