Update: Bildung einer Rückstellung im Fall der Klage
Wird gegen den Steuerpflichtigen zivilgerichtlich ein Anspruch geltend gemacht, hat er eine Rückstellung zu bilden. Auf die Erfolgsaussichten der Klage kommt es nicht an, es sei denn die Klage ist dem Grunde und/oder der Höhe nach offensichtlich willkürlich oder erkennbar nur zum Schein erhoben worden. Diese Meinung vertritt das Finanzgericht Schleswig Holstein.
1. Zulässigkeit der Rückstellung auch ohne Prüfung der Erfolgsaussichten
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) darf eine Rückstellung in der Steuerbilanz dem Grunde nach nur gebildet werden, sofern wahrscheinlich ist, dass die Verbindlichkeit besteht oder entstehen wird und der Steuerpflichtige in Anspruch genommen wird. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ist nur dann gegeben, wenn nach den am Bilanzstichtag objektiv gegebenen und bis zur Aufstellung der Bilanz subjektiv erkennbaren Verhältnissen mehr Gründe für das Bestehen einer Wahrscheinlichkeit sprechen als dagegen. Das Finanzgericht Schleswig-Holstein entschied nun, dass es für die Pflicht zur Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten bei einem im Wege der Klage geltend gemachten Anspruch nicht (mehr) darauf ankommt, ob das Bestehen des Anspruchs, d.h. der Verbindlichkeit, überwiegend wahrscheinlich ist. Da der Ausgang eines Rechtsstreits regelmäßig unsicher ist, sei eine hinreichende Wahrscheinlichkeit aus diesem Grund zu bejahen. Die Rückstellung muss grundsätzlich mit dem eingeklagten Betrag bewertet werden.
2. Korrespondierende Korrektur nach Wechsel der Gewinnermittlungsart
Das Finanzamt hatte hinsichtlich der gegen eine Steuerberatungsgesellschaft anhängigen Klage auf Rückzahlung des Beratungshonorars die Bildung einer Rückstellung verlangt. Dies hatte die Gesellschaft ursprünglich unterlassen. Im Zuge der späteren Verschmelzung durch Neugründung erfolgte zugleich ein Wechsel der Gewinnermittlungsart vom Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) hin zur Einnahme-/Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG bei der neugegründeten Partnerschaftsgesellschaft. Entschließe sich ein Steuerpflichtiger – so das Finanzgericht in seiner im Übrigen sehr ausführlich gehaltenen Begründung – von einer Gewinnermittlungsart zu einer anderen überzugehen, müsse im Wege einer korrespondierenden Gewinnkorrektur sichergestellt werden, dass betriebliche Vorgänge erfasst werden, die ohne diese Korrekturen wegen der unterschiedlichen Systematik der beiden Gewinnermittlungsmethoden überhaupt nicht oder aber doppelt erfasst würden. Insofern konnte der Betrag nach dem Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG– da das Finanzamt bei der inzwischen untergangenen Gesellschaft die entsprechende Rückstellung mit der bekannten Begründung gewinnmindernd berücksichtigt hatte – bei der neugegründeten Gesellschaft nicht mehr als Betriebsausgaben abgezogen werde. Zu korrigieren war der Gewinn im betreffenden Übergangsjahr.
Die Revision gegen das Urteil wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen und auch eingelegt (Aktenzeichen beim BFH: VIII R 45/12).
Update (27. August 2020)
Die Rechtsausführungen des Finanzgerichts wurden aufgehoben durch das BFH Urteil VIII R 45/12 vom 16. Dezember 2014.
Fundstelle
Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. September 2012 (3 K 77/11).