Wegfall des Verschonungsabschlags bei mehrstöckigen Personengesellschaften
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer (Unter-)Personengesellschaft, an der eine Oberpersonengesellschaft beteiligt ist, führt nicht zum nachträglichen Wegfall des verminderten Wertansatzes für das Betriebsvermögen der Oberpersonengesellschaft. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Die Mutter des Klägers war Kommanditistin der A-KG, die wiederum als alleinige Kommanditistin der B-KG fungierte. Mit Wirkung zum 10. April 2008 übertrug die Klägerin einen Teilanteil des Kommanditanteils an der A-KG gegen Zahlung einer lebenslänglichen Rente von 3.000 € pro Monat, im Übrigen schenkweise auf den Kläger. Mit Bescheid vom 01. September 2010 stellte das beklagte Finanzamt den Wert des übertragenen Anteils an der A-KG auf den 10. April 2008 fest.
Am 01. August 2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B-KG eröffnet. Der Insolvenzverwalter veräußerte am 18. September 2012 die - nicht mit Rechten Dritter belasteten - Maschinen, Betriebsvorrichtungen und Vorräte sowie das Recht, die Firma der B-KG führen zu dürfen, und sonstige immaterielle Wirtschaftsgüter. Die Betriebsgrundstücke veräußerte er nicht, sondern vermietete sie an die Käuferin.
Im Hinblick auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B-KG setzte das beklagte Finanzamt die gegen den Kläger festgesetzte Schenkungsteuer mit Bescheid vom 29. Juli 2013 neu fest. Dabei berücksichtigte es nur noch einen verminderten Bewertungsabschlag.
Der dagegen gerichtete Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung berücksichtigte das beklagte Finanzamt gar keinen Bewertungsabschlag mehr.
Die Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf hatte Erfolg (siehe den Newsletter 03/18 des Finanzgerichts).
Entscheidung des BFH
Der BFH hat der Revision stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Das Finanzgericht hat zwar zu Recht entschieden, dass die Insolvenz der A-KG nicht zum Wegfall des verminderten Wertansatzes für den Anteil des Klägers an der X-KG mit Wirkung für die Vergangenheit geführt hat. Es hat jedoch nicht festgestellt, ob der Grundbesitz der A-KG eine wesentliche Betriebsgrundlage der X-KG war, die durch die Vermietung an K betriebsfremden Zwecken zugeführt wurde.
Gegenstand einer steuerschädlichen Veräußerung i.S. des § 13a Abs. 5 Nr. 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) a.F. kann der gesamte Gewerbebetrieb, ein Teilbetrieb oder ein Anteil an einer Mitunternehmerschaft sein. Die Begriffe sind ertragsteuerrechtlich zu bestimmen.
Die Steuerbegünstigung fällt gemäß § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F. auch fort, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen der Unterpersonengesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft sein. Deren Veräußerung, Überführung in das Privatvermögen oder Zuführung zu anderen betriebsfremden Zwecken kann dann dazu führen, dass der Verschonungsabschlag für den Erwerb der Beteiligung an der Oberpersonengesellschaft rückwirkend wegfällt.
Ein Wirtschaftsgut der Unterpersonengesellschaft ist für die Oberpersonengesellschaft funktional wesentlich i.S. des § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F., wenn es für den Betriebsablauf ein erhebliches Gewicht hat, mithin für die Fortführung des Betriebs der Oberpersonengesellschaft notwendig ist. Für die Beurteilung, ob ein Wirtschaftsgut diese Voraussetzungen erfüllt, sind qualitative und quantitative Merkmale heranzuziehen. Beispielsweise kann ein Grundstück der Unterpersonengesellschaft wesentliche Betriebsgrundlage der Oberpersonengesellschaft sein, wenn es die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit der Oberpersonengesellschaft bildet und es der Oberpersonengesellschaft ermöglicht, ihren Geschäftsbetrieb aufzunehmen, auszuüben und fortzuführen (vgl. auch BFH, Urteil vom 29. November 2017, I R 7/16).
Maßgeblich für die Entscheidung, ob Wirtschaftsgüter der Unterpersonengesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft i.S. des § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F. darstellen, ist der Zeitpunkt der Veräußerung oder der Zuführung zu anderen betriebsfremden Zwecken.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 16. März 2021 (II R 10/18), veröffentlicht am 15. Juli 2021; siehe auch das inhaltsgleiche Urteil II R 11/18 vom selben Tag.