Keine Abzinsung einer aufschiebend bedingten Last

Eine aufschiebend bedingte Last ist auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu bewerten. Der Kapitalwert von lebenslänglichen Leistungen wird mit dem bei Bedingungseintritt geltenden Vervielfältiger berechnet. Eine Abzinsung der aufschiebend bedingten Last für die Schwebezeit zwischen dem Rechtsgeschäft und dem Bedingungseintritt findet nicht statt. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin war die Ehefrau des verstorbenen O (Schenker) und ist dessen Gesamtrechtsnachfolgerin. Der Schenker übertrug seinen Kommanditanteil an einer GmbH & Co. KG im Wege der Schenkung durch notariellen Vertrag vom 23.12.2004 auf die gemeinsame Tochter (Beschenkte), behielt sich aber ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an dem Kommanditanteil bis zu seinem Tod vor. Nach seinem Tod war die Beschenkte verpflichtet, an die Klägerin, geboren im Dezember 1937, zu Lasten des Kommanditanteils einen monatlichen, wertgesicherten Betrag in Höhe von 4.000 € zu zahlen. Der Schenker übernahm die Schenkungsteuer.

Das Finanzamt setzte die Schenkungsteuer gegenüber dem Schenker zuletzt mit Bescheid vom 31. März 2010 fest, in dem die der Klägerin gegenüber bestehende Rentenzahlungsverpflichtung nicht in Ansatz gebracht wurde. Nach dem Tod des Schenkers im Januar 2016 beantragte die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin, die Schenkungsteuerfestsetzung anzupassen und die von der Beschenkten an sie zu entrichtende Rentenlast nunmehr steuermindernd zu berücksichtigen.

Bei einem Jahreswert in Höhe von 48.000 € und einem am Todestag des Schenkers aufgrund ihres Lebensalters von 78 Jahren anzusetzenden Vervielfältiger von 8,034 bezifferte die Klägerin den zu berücksichtigenden Kapitalwert der Rentenlast mit 385.632 €.

Mit Änderungsbescheid vom 16. Januar 2017 berücksichtigte das Finanzamt die Rentenlast jedoch nur mit einem Betrag in Höhe von 213.100 €, da nach seiner Auffassung der auf den Todestag des Schenkers im Januar 2016 zu berechnende Kapitalwert auf den Zeitpunkt der gemischten Schenkung (23. Dezember 2004) abzuzinsen sei. Dadurch werde der Zinsvorteil abgegolten, den die Beschenkte durch die erst später mit Bedingungseintritt (Tod des Schenkers im Januar 2016) beginnende Belastung mit der Schuld habe. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet zurück.

Die Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Maßgebender Zeitpunkt für die Berechnung des Kapitalwerts einer aufschiebend bedingten Belastung ist der Bedingungseintritt.

Tritt die Bedingung ein, ist nach § 6 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Bewertungsgesetz (BewG) die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern, zu denen auch die Schenkungsteuer gehört, auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbs zu berichtigen.

Die abzugsfähigen Verbindlichkeiten sind mit ihrem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert abzuziehen (§ 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BewG ist der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen mit dem Vielfachen des Jahreswerts anzusetzen. Die Vervielfältiger sind nach der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes zu ermitteln (§ 14 Abs. 1 Satz 2 BewG).

Eine bedingte Last ist auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu bewerten (vgl. BFH, Beschluss vom 27. Juni 2006, II B 162/05, unter II.1.). Zugrunde zu legen ist der bei Bedingungseintritt geltende Vervielfältiger gemäß § 14 Abs. 1 BewG.

Die bedingte Last ist für den Zeitraum des Schwebezustands zwischen dem Rechtsgeschäft und dem Bedingungseintritt nicht nach § 12 Abs. 3 BewG abzuzinsen.

Die Vorschrift ermöglicht keine Abzinsung im Hinblick auf die rechtsgeschäftliche Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung, die auch im Bewertungsrecht zu einem Schwebezustand der zukünftigen Forderung führt. §§ 4 ff. BewG bestimmen für den bedingten Erwerb entsprechend der bürgerlich-rechtlichen Regelung ausdrücklich, dass der Schwebezustand bewertungsrechtlich unberücksichtigt bleibt (BFH, Urteil vom 30. April 1971, III R 89/70, unter III.1.b).

Fundstelle

BFH, Urteil vom 15. Juli 2021 (II R 26/19), veröffentlicht am 25. November 2021.

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