Update: Wegzugsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz (AStG)
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass die Vorschrift zur „Wegzugsbesteuerung“ bei unentgeltlichen Anteilsübertragungen auf im Ausland ansässige Steuerpflichtige nicht einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass das Recht Deutschlands zur Besteuerung der in den unentgeltlich übertragenen Anteilen ruhenden stillen Reserven ausgeschlossen oder beschränkt werden müsste.
Sachverhalt
Ein Vater übertrug auf seinen in den USA ansässigen Sohn einen Anteil an einer deutschen GmbH, deren Vermögen überwiegend aus im Inland belegenem Grundvermögen bestand. Zeitnah übertrug er auch Anteile auf seine Ehefrau.
Das Finanzamt und das Finanzgericht Köln (15 K 2159/15) behandelten die Übertragungen als teilentgeltliche Erwerbe. Für den unentgeltlichen Teil der Übertragung auf den Sohn waren sie der Auffassung, die Voraussetzungen für eine „Wegzugsbesteuerung“ seien erfüllt.
Entscheidung des BFH
Dies hat der BFH jetzt bestätigt und ausgeführt, der Gesetzgeber habe keinen Zweifel daran gelassen, dass er trotz der Reform des Außensteuergesetzes auch weiterhin Fälle in die „Wegzugsbesteuerung“ habe einbeziehen wollen, in denen es nicht zu einem Ausschluss oder einer Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts an Veräußerungsgewinnen komme.
Eine entsprechende einengende Auslegung sei auch nicht aus verfassungsrechtlicher Sicht geboten, denn es habe im Streitfall die den sofortigen Besteuerungszugriff rechtfertigende abstrakte Gefahr bestanden, dass die GmbH – etwa durch Umschichtung ihres Vermögens – ihren Charakter als Immobiliengesellschaft verlieren könnte, ohne dass hieran eine Besteuerung in Deutschland geknüpft wäre.
Eine Berufung auf die Kapitalverkehrsfreiheit scheide aus, da sich bezogen auf Schenkungen seit dem maßgebenden Stichtag (31.12.1993) keine wesentliche Änderung der Rechtslage ergeben habe.
Update (05. Januar 2023)
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat sich der Rechtsprechung des Finanzgerichts Köln (Urteil 15 K 2159/15 vom 28. März 2019) im Urteil vom 27. April 2022, 3 K 3072/20, angeschlossen und ebenfalls entschieden, dass § 6 Abs. 1 AStG nicht dahingehend teleologisch zu reduzieren ist, dass die Wegzugsbesteuerung nicht zur Anwendung kommt, wenn Deutschland trotz des verwirklichten Wegzugstatbestands das Recht auf die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung von Anteilen an der Kapitalgesellschaft behält (im Streitfall aufgrund der einschlägigen "land rich"-Klausel in Art. 13 Abs. 4 Satz 1 Buchstabe a DBA-Kanada 2001, vgl. ; das Revisionsurteil I R 30/19 des BFH vom 8.12.2021, war noch nicht veröffentlicht, als das Finanzgericht Berlin-Brandenburg sein Urteil verkündet hat).
Das Finanzgericht hatte die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), die aber offenbar nicht eingelegt wurde.
Das Urteil ist laut LEXinform rechtskräftig.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 08. Dezember 2021 (I R 30/19), veröffentlicht am 27. Mai 2022, vgl. die Pressemitteilung 022/22.