Ausschluss der erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei Veräußerung von fünf Grundstücken an dieselbe Erwerberin nach zwei Jahren

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat die Gewährung der erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zugunsten einer GmbH, die im Jahr 2016 fünf Grundstücke erworben und diese im Jahr 2018 an dieselbe Erwerberin veräußert hatte, abgelehnt.

Sachverhalt

Die erst einen Monat zuvor gegründete Klägerin (GmbH) erwarb im Juli 2016 fünf bebaute Grundstücke von zwei Veräußerinnen. Neben der Klägerin erwarben zugleich noch zwei weitere GmbH, die zu derselben Unternehmensgruppe gehörten, weiteren Grundbesitz von denselben Veräußerinnen. Die Unternehmensgruppe war auf dem Gebiet des Immobilienneubaus, der Grundstücksentwicklung und -bewirtschaftung tätig.

Im August 2018 veräußerte die Klägerin alle fünf erworbenen Grundstücke an eine mit ihrer Unternehmensgruppe nicht verbundene Erwerberin, die ebenfalls in der Immobilienbranche tätig war. Daneben veräußerten neun weitere Gesellschaften aus der Unternehmensgruppe der Klägerin insgesamt 24 weitere Grundstücke an dieselbe Erwerberin.

In ihrer Gewerbesteuererklärung für den Erhebungszeitraum 2018 vertrat die Klägerin die Auffassung, dass der Gewinn aus der Veräußerung der fünf Grundstücke unter die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) falle und deswegen nicht der Gewerbesteuer unterliege. Das Finanzamt folgte dem nicht, so dass die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhob.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat die Klage abgewiesen, da die Klägerin nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet habe im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

Vielmehr habe ihre Tätigkeit gewerblichen Charakter gehabt. Der gewerbliche Charakter setze voraus, dass nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund trete. Im Fall der Veräußerung von Grundstücken stelle das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze innerhalb der ersten fünf Jahre der Tätigkeit ein gewichtiges Indiz für den gewerblichen Charakter der Tätigkeit dar, d.h. für eine von Anfang an gegebene Veräußerungsabsicht.

Das Indiz könne nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände ausgeschlossen werden. Solche seien im Streitfall aber nicht gegeben. Insbesondere spreche die langfristige Finanzierung, die die Klägerin beim Erwerb der fünf Grundstücke aufgenommen habe, nicht gegen die Veräußerungsabsicht. Denn die Vorfälligkeitsentscheidung, die die Klägerin wegen der vorzeitigen Beendigung der Darlehen an ihre Kreditgeber habe zahlen müssen, mache gerade einmal 13% des erzielten Veräußerungsgewinns aus. Die erhebliche Wertsteigerung der Grundstücke sei erwartbar gewesen, wie die Zahlen des Gutachterausschusses für die betreffende Gemeinde zeigten.

Bei Unternehmen, die wie die Klägerin kraft Rechtsform Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielten, sei es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht Voraussetzung für den gewerblichen Charakter der Tätigkeit, dass die Tätigkeit nachhaltig ausgeübt werde. Dies sei zwar Voraussetzung für das Erzielen gewerblicher Einkünfte gem. § 15 Abs. 2 EStG, jedoch nicht dafür, dass durch eine Tätigkeit nicht ausschließlich eigener Grundbesitz (und darüber hinaus ggf. eigenes Kapitalvermögen) verwaltet werde im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Sinn und Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG seien alle Tätigkeiten schädlich für die erweiterte Grundstückskürzung, die sich nicht als unschädliche Vermögensverwaltung im Sinne der Vorschrift darstellten.

Hilfsweise für den Fall, dass die Nachhaltigkeit für den gewerblichen Charakter der Tätigkeit erforderlich sei, liege diese im Fall der Klägerin zudem vor. Die Nachhaltigkeit der Tätigkeit sei gegeben, wenn sie von der Absicht getragen sei, sie zu wiederholen und daraus eine ständige Erwerbsquelle zu machen, und sie außerdem objektiv erkennbar auf Wiederholung angelegt sei. Die Wiederholungsabsicht sei aus ex-ante Sicht zu beurteilen, d.h. aus der Perspektive am Beginn der Tätigkeit. Und beim Erwerb der Grundstücke habe die Klägerin nicht wissen können, dass es ihr gelingen werde, alle fünf Grundstücke in einem einzigen Veräußerungsvorgang an nur eine Erwerberin zu übertragen.

In einem Immobilienkonzern wie dem der Klägerin, in dem diverse Gesellschaften demselben beherrschenden Gesellschafter unterstellt und darüber hinaus durch eine Personalunion in der Geschäftsführung gekennzeichnet seien, müsse die Wiederholungsabsicht der Geschäftsführer allen zu der Unternehmensgruppe gehörenden Gesellschaften zugerechnet werden. Die Unternehmensgruppe der Klägerin zeichne in ihrer öffentlichen Darstellung von sich ein Bild eines gewerblichen Grundstückshändlers, für den es letztlich unerheblich sei, welche Objektgesellschaft bei einem konkreten Immobilienprojekt zum Einsatz komme. Die Wiederholungsabsicht sei daher mit Blick auf die gesamte Unternehmensgruppe gegeben, so dass die Klägerin die erweiterte Grundstückskürzung nicht beanspruchen könne.

Fundstelle

Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Januar 2022 (8 K 8008/21); die Revision ist beim BFH unter dem Az.: III R 12/22 anhängig.

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