Inländische Anschlusstransporte bei einem Schifffahrtsunternehmen
Einkünfte aus der Beteiligung eines Schifffahrtsunternehmens an einer inländischen Mitunternehmerschaft, die nationale Anschlusstransporte insbesondere per Bahn organisiert und abwickelt, sind nach dem Schifffahrts-DBA mit der Sonderverwaltungsregion Hongkong nicht von der inländischen Besteuerung freigestellt. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Kapitalgesellschaft nach dem Recht der Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China, betreibt eine Reederei. Für ihre Kunden erbringt sie regelmäßig ein Gesamtleistungspaket, das aus dem Container-Seetransport und dem sich daran anschließenden Anschlusstransport zum Empfänger des Containers besteht. Im Jahr 2011 (Streitjahr) unterhielt die Klägerin eine im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung in Z (Inland).
Die Klägerin beteiligte sich im Streitjahr als Kommanditistin an der Beigeladenen, einer in Z ansässigen GmbH & Co. KG (Beigeladene). Die Höhe der Beteiligung lag unter 1 %. Eine Vielzahl weiterer Kommanditisten hielt Beteiligungen in ähnlicher Höhe.
Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen war insbesondere die Organisation und Abwicklung von intermodalen Container-Transporten per Bahn, Binnenschiff und per Short-Sea-Verkehr. Die Klägerin erteilte der Beigeladenen regelmäßig Aufträge, den o.g. Anschlusstransport im Inland per Bahn oder einem anderen Beförderungsmittel für sie durchzuführen. Internationalen Seetransport führte die Beigeladene selbst nicht durch.
Das Finanzamt erließ gegenüber der Beigeladenen einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheid für das Streitjahr, mit dem der Klägerin ein Gewinnanteil zugerechnet wurde. Später beantragte die Klägerin die Änderung des Bescheids gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO). Sie machte hierbei geltend, dass die ihr zuzurechnenden Einkünfte aus der Beteiligung an der Beigeladenen 0 € betrügen. Zur Begründung berief sie sich auf Art. 3 des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Schifffahrtsunternehmen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 13.01.2003 (BGBl II 2004, 36, BStBl I 2005, 611) ‑DBA-Hongkong‑, wonach Gewinne eines Unternehmens einer Vertragspartei (hier: Sonderverwaltungsregion Hongkong) aus dem Betrieb von Seeschiffen im internationalen Verkehr nur im Gebiet dieser Vertragspartei (hier: Sonderverwaltungsregion Hongkong) besteuert werden können. Der ‑häufig per Bahn durchgeführte‑ inländische Anschlusstransport sei Teil dieses internationalen Seetransports.
Das Finanzamt folgte dieser Argumentation nicht und lehnte es ab, den Feststellungsbescheid zu ändern.
Die Klage vor dem Finanzgericht Bremen hatte keinen Erfolg.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Die streitgegenständlichen Einkünfte unterfallen Art. 3 Abs. 1 und 5 DBA-Hongkong nicht, da sie nicht aus dem Betrieb von Seeschiffen im internationalen Verkehr resultieren.
Im Streitfall geht es nicht um Einkünfte aus dem Betrieb von Seeschiffen im internationalen Verkehr, sondern um Einkünfte aus nationalen (Anschluss-)Transporten, die auf dem Landweg ‑in der Regel per Bahn‑ erfolgten.
Der reine Wortlaut des DBA lässt es nicht zu, derartige Transporte zu erfassen. Denn der Abkommenstext enthält ‑im Unterschied etwa zu nationalen Regelungen in § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG oder in § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG‑ weder in Abs. 1 noch in Abs. 5 des Art. 3 DBA-Hongkong eine ausdrückliche erweiternde Definition des Begriffs "Betrieb eines Schiffes im internationalen Verkehr" auf Inlandstransporte oder ‑allgemeiner‑ auf mit dem Betrieb von Seeschiffen zusammenhängende Neben- und Hilfsgeschäfte.
Auch der Abkommenszusammenhang bestätigt, dass nur zu bestimmten ausgewählten Erscheinungsformen des maritimen Wirtschaftslebens solche erweiternden Definitionen von den Vertragsstaaten in das DBA-Hongkong ausdrücklich aufgenommen wurden. Zu nennen sind beispielsweise die Regelungen für die sog. Bare-Boat-Charter (Vercharterung leerer Seeschiffe) oder die reine Container-Vermietung ‑durch einen nicht selbst die Schifffahrt betreibenden Unternehmer‑ in Art. 3 Abs. 5 Buchst. b und c DBA-Hongkong.
Für rein nationale Anschlusstransporte, die nicht mit einem Seeschiff durchgeführt werden, fehlt es indes an einer vergleichbaren Regelung im Abkommen, was für sich genommen gegen die Einbeziehung der hieraus erzielten Einkünfte in den sachlichen Anwendungsbereich des Abkommens spricht.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 13. April 2022 (I R 1/19), veröffentlicht am 01. September 2022.