Erbfallkostenpauschale für den Nacherben

Neben dem Vorerben kann auch der Nacherbe den Pauschbetrag für Erbfallkosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG in Anspruch nehmen. Der Abzug des Pauschbetrags setzt nicht den Nachweis voraus, dass zumindest dem Grunde nach tatsächlich Kosten angefallen sind (Änderung der Rechtsprechung). Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Nacherbin ihrer am 24. Januar 2013 verstorbenen Tante. Vorerbe war deren Ehemann, der am 19. Mai 2013 verstarb.

Im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung beantragte die Klägerin die Berücksichtigung des Pauschbetrags gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG i.H.v. 10.300 € (sog. Erbfallkostenpauschale). Sie gab an, die Beerdigungskosten ihrer Tante sowie weitere Abwicklungskosten hinsichtlich des Nachlasses getragen zu haben. Hierzu reichte sie eine Rechnung des Amtsgerichts über 40 € für die Erteilung des Erbscheins und die Testamentseröffnung ein. Die Beerdigungskosten wies sie nicht nach.

Das Finanzamt berücksichtigte die Erbfallkostenpauschale nicht. Allenfalls könnten die nachgewiesenen 40 € berücksichtigt werden. Hieraus ergebe sich wegen der Abrundung des steuerpflichtigen Erwerbs auf volle 100 € keine steuerliche Auswirkung.

Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht hat zu Recht entschieden, dass die Erbschaftsteuerpauschale steuermindernd zu berücksichtigen ist.

Sowohl der Vorerbe als auch der Nacherbe verwirklichen den Besteuerungstatbestand gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG für einen Erwerb von Todes wegen.

Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG wird für die in § 10 Abs. 5 Satz 1 ErbStG genannten Kosten insgesamt ein Betrag von 10.300 € ohne Nachweis abgezogen. Der Betrag ist für jeden Erbfall nur einmal zu gewähren, namentlich für mehrere Miterben nur einmal (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Februar 2010, II R 31/08, m.w.N.). Die Abfolge von Vor- und Nacherbfall stellt jedoch erbschaftsteuerrechtlich nicht einen Erbfall mit mehreren Erben dar. Vielmehr sind die beiden Vorgänge als zwei getrennte Erbfälle zu behandeln. Es entspricht dieser Systematik, im Rahmen der Ermittlung der Bereicherung zweimal den Pauschbetrag anzusetzen.

Der Umstand, dass bei Vor- und Nacherbschaft bezogen auf den ursprünglichen Erblasser nur ein Todesfall zu verzeichnen ist, verlangt nicht nach einer teleologischen Reduktion der Vorschrift.

Der Abzug des Pauschbetrags setzt nicht den Nachweis voraus, dass zumindest dem Grunde nach tatsächlich Kosten angefallen sind, die der Pauschbetrag erfasst. Das Gesetz geht zutreffend davon aus, dass mit dem Erbanfall typischerweise entsprechende Kosten entstehen. Der Abzug der Pauschale ist nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich ohne Nachweis möglich. Ein Nachweis darüber, dass Kosten dem Grunde nach entstanden sind, würde dem Vereinfachungszweck entgegenstehen.

Das Urteil des Finanzgericht entspricht diesen Maßstäben. Die Klägerin ist in ihrer Eigenschaft als zivilrechtliche Nacherbin nach ihrer Tante erbschaftsteuerrechtlich als Erbin nach deren Ehemann zu behandeln. Auf die Frage, ob sie diesen auch zivilrechtlich unmittelbar beerbt hat, kommt es nicht an. Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs für die Nacherbschaft ist der Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG zu berücksichtigen.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 1. Februar 2023 (II R 3/20), veröffentlicht am 4. Mai 2023.

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