Zerlegung eines Gewerbesteuermessbetrags bei mehrgemeindlicher Betriebsstätte

Die Auswahl der Faktoren für die Zerlegung bei einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte muss der Eigenart der Betriebsstätte und den Interessen der beteiligten Gemeinden nur in typisierter Form Rechnung tragen. In einem aktuellen Urteil stellt der Bundesfinanzhof darüber hinaus fest, dass die Menge des in den jeweiligen Gemeinden abgegebenen Erdgases bei einer durch eine Erdgasleitung begründeten mehrgemeindlichen Betriebsstätte ein geeignetes sachliches Zerlegungskriterium sein kann.

Hintergrund

Die Klägerin ist eine Stadt, in deren Ortsgebiet im Streitzeitraum 2012 Erdgas durch eine Leitung nach Deutschland gelangte. In dem Stadtgebiet der Klägerin wurde das Gas, unter Einsatz der ersten Verdichterstation in Deutschland, in das deutsche Ferngasnetz eingespeist. Die ehemalige W-KG als Steuerschuldnerin war ein Gasversorgungsunternehmen, das Gase aller Art einkaufte, beförderte, verarbeitete und vermarktete. Sie unterhielt in Deutschland ein Erdgasleitungsnetz, das sich über das Gebiet vieler Kommunen erstreckte. Zu dem Erdgasleitungsnetz der W-KG gehörten eine Steuerungswarte in A-Stadt, verschiedene Verdichterstationen - unter anderem die Verdichterstation im Gemeindegebiet der Klägerin - und die Abgabestellen für das Erdgas.

Das Finanzamt hat die Zerlegung des für die W-KG festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags auf die Kommunen durchgeführt, in denen sich im Streitzeitraum 2012 eine Betriebsstätte der W-KG befand. Dabei wurde das vorhandene Erdgasleitungsnetz als mehrgemeindliche Betriebsstätte behandelt. Für die Zerlegung wurde der Gewerbesteuermessbetrag in einem ersten Schritt (Hauptzerlegung) nach dem Maßstab der gezahlten Arbeitslöhne auf die verschiedenen Kommunen verteilt. In einem zweiten Schritt (Unterzerlegung) wurde der auf die mehrgemeindliche Betriebsstätte entfallende Anteil seinerseits zu je 50 % auf der Grundlage des Anteils der gezahlten Arbeitslöhne und der Gasabgabemenge auf die an der mehrgemeindlichen Betriebsstätte beteiligten Kommunen verteilt. 

Die Stadt machte gegen den für das Streitjahr erlassenen Zerlegungsbescheid geltend, dass bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten als Maßstab der Zerlegung neben den dort wohnenden Arbeitnehmern stets die dort befindlichen Betriebsanlagen berücksichtigt werden müssten.

Das Finanzgericht hatte die Klage abgewiesen und die Handhabung des Finanzamts bestätigt.

Entscheidung des BFH

Der BFH sah dies genauso und wies die Revision der Klägerin in der Sache als unbegründet zurück. Das Finanzamt habe nicht nur zu Recht eine Haupt- und Unterzerlegung vorgenommen, sondern durfte als Zerlegungsmaßstab auch auf die Menge das abgegebenen Erdgases abstellen. Schließlich erweist sich auch die hälftige Gewichtung der Zerlegungsmaßstäbe Arbeitslöhne und Gasabgabemenge nicht als rechtswidrig.

Erstreckt sich die Betriebsstätte auf mehrere Gemeinden, so ist der Steuermessbetrag oder Zerlegungsanteil auf die Gemeinden zu zerlegen, auf die sich die Betriebsstätte erstreckt, und zwar nach der Lage der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten.

Sind für einen GewSt-Messbetrag beide Zerlegungsregeln zu beachten, weil ein Betrieb mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden unterhält und sich darunter auch eine oder mehrere mehrgemeindliche Betriebsstätten befinden, so ist eine zweistufige Zerlegung vorzunehmen. In dem ersten Schritt ist (als Hauptzerlegung) die Verteilung des GewSt-Messbetrags auf die verschiedenen Betriebsstätten vorzunehmen. Soweit eine oder mehrere dieser Betriebsstätten eine mehrgemeindliche Betriebsstätte darstellen, ist in einem weiteren Schritt (als Unterzerlegung) der nach der Hauptzerlegung auf diese Betriebsstätte entfallende Zerlegungsanteil auf die an der mehrgemeindlichen Betriebsstätte beteiligten Gemeinden zu verteilen. Die Zerlegung hat auf beiden Stufen in einem einheitlichen Zerlegungsbescheid zu erfolgen.

Nach der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise, so der BFH, sei es jedenfalls nicht verfehlt, eine höhere Belastung der Gemeinde anzunehmen, wenn die Abgabemenge von Gas auf dem Gemeindegebiet höher ausfällt.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 14. Dezember 2023 (IV R 2/21), veröffentlicht am 25. April 2024.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

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