Verrechnungspreisbestimmung bei sogenannten Parallelimporten
In einem heute veröffentlichten Urteil hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass mit Blick auf sogenannte Parallelimporte von (Original-)Arzneimitteln eine verdeckte Gewinnausschüttung bei der konzerneigenen (inländischen) Vertriebsgesellschaft zugunsten der (ausländischen) Konzernmuttergesellschaft vorliegen kann.
Hintergrund
Die Klägerin, eine GmbH, ist einem international tätigen Pharmakonzern mit ausländischer Konzernmuttergesellschaft zugehörig. Für den Vertrieb der Originalprodukte des Konzerns in Deutschland war eine inländische (Konzern-)Vertriebsgesellschaft (Tochtergesellschaft der Klägerin; körperschaftsteuerrechtliches Organschaftsverhältnis) zuständig. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben sind inländische Apotheken verpflichtet, einen Teil der Waren von Parallelimporteuren im Ausland zu deutlich günstigeren Preisen zu beziehen (sog. Importförderklausel). Die damit verbundenen Vertriebserfolge der Konzernmutter wurden, obgleich sie mittelbar auf die Vertriebsaktivitäten der inländischen Vertriebsgesellschaft zurückzuführen sind, nicht separat vergütet. Daher nahm das Finanzamt eine verdeckte Gewinnausschüttung - vGA - (Kostenersparnis der Muttergesellschaft) an und erhöhte das Einkommen der Klägerin (Organträgerin).
Das Finanzgericht war dagegen der Auffassung, dass die Voraussetzungen einer vGA nicht vorlägen; das Finanzamt habe nicht nachgewiesen, dass einem fremden Dritten, der ausschließlich Originalprodukte des Konzerns im Inland vertreiben würde, im Hinblick auf Parallelimporte eine höhere als der der konzernzugehörigen Vertriebsgesellschaft tatsächlich zustehenden Nettomarge eingeräumt worden wäre.
Entscheidung
Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben. Bei Parallelimporten von (Original-)Arzneimitteln kann eine verdeckte Gewinnausschüttung durch eine verhinderte Vermögensmehrung bei der konzerneigenen inländischen Vertriebsgesellschaft zugunsten der ausländischen Konzernmuttergesellschaft (Höhe des Verrechnungspreises) nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, dass der Parallelimport nicht im eigentlichen Interesse der Konzernmutter liegt. Denn, so der Bundesfinanzhof in seinem aktuellen Urteil, die Vertriebsgesellschaft übe ihre Marketingaktivitäten im Interesse des Gesamtkonzerns aus, der wirtschaftlich auch von den Parallelimporten profitiert.
Das Finanzgericht habe unberücksichtigt gelassen, so der BFH, dass die inländische Vertriebsgesellschaft ihre Marketingaktivitäten bezogen auf eine (nicht intendierte, aber auch nicht auszuschließende) Wirkung auf Parallelimporte unvermeidbar wirtschaftlich im Interesse des Gesamtkonzerns ausübe. Dies sei auch zu vergüten, da gerade die nach der Einschätzung des Finanzgerichts "fremdübliche Vergütung" der Außendienstmitarbeiter der inländischen Vertriebsgesellschaft nach dem inländischen Gesamtumsatz unter Einbeziehung der Umsätze aus den Parallelimporten in die Bemessungsgrundlage der Vergütungen nahelege, dass eine Weiterbelastung dieser Kosten fremdüblich wäre. Zur Frage, in welcher Höhe eine Aufwandsersparnis bei der Konzernmutter vorliegt, konnte der BFH jedoch noch nicht abschließend entscheiden. Dazu hat das Finanzgericht nun im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.
Fundstelle
BFH-Urteil vom 11. Dezember 2024 (I R 41/21) – veröffentlicht am 2. Mai 2025. – Hierzu: BFH-Pressemitteilung Nr. 27/25.