Erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG und Drei-Objekt-Grenze bei En-bloc-Veräußerung einer Kapitalgesellschaft
Veräußert eine Kapitalgesellschaft im dritten Jahr nach dem Erwerb fünf Mehrfamilienhaus-Grundstücke durch einen Verkaufsakt an einen Erwerber ("en bloc"), wird durch die Drei-Objekt-Grenze ein für die erweiterte Kürzung schädlicher gewerblicher Grundstückshandel indiziert. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs kommt es für die Beantwortung der Frage, ob die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft den Rahmen der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes überschreitet, auf das Kriterium der Nachhaltigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 Einkommensteuergesetz nicht an.
Hintergrund
Die erst einen Monat zuvor gegründete Klägerin (GmbH) erwarb im Juli 2016 fünf bebaute Grundstücke von zwei Veräußerinnen. Neben der Klägerin erwarben zugleich noch zwei weitere GmbH, die zu derselben Unternehmensgruppe gehörten, weiteren Grundbesitz von denselben Veräußerinnen. Die Unternehmensgruppe war auf dem Gebiet des Immobilienneubaus, der Grundstücksentwicklung und -bewirtschaftung tätig. Im August 2018 (Streitjahr) veräußerte die Klägerin alle fünf erworbenen Grundstücke an eine mit ihrer Unternehmensgruppe nicht verbundene Erwerberin, die ebenfalls in der Immobilienbranche tätig war. Daneben veräußerten neun weitere Gesellschaften aus der Unternehmensgruppe der Klägerin insgesamt 24 weitere Grundstücke an dieselbe Erwerberin.
Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass der Gewinn aus der Veräußerung der fünf Grundstücke unter die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) falle und deswegen nicht der Gewerbesteuer unterliege. Das Finanzamt folgte dem nicht. Das Finanzgericht hatte die Klage abgewiesen (siehe Blogbeitrag vom 1. Juni 2022).
Entscheidung des BFH
Die Revision hat der BFH als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzgericht habe zutreffend entschieden, dass der Klägerin die erweiterte Kürzung im Streitjahr zu versagen ist, weil ihre Tätigkeit gewerblichen Charakter hatte und sich nicht mehr als Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes darstellte. Auch die antragsunabhängige einfache Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG a.F. kann der Klägerin im Revisionsverfahren nicht mehr gewährt werden.
Nach Auffassung des BFH hat das Finanzgericht der Klägerin zutreffend die Anwendung der erweiterten Grundstückskürzung versagt, weil die Klägerin einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben und damit eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt habe. Das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze (= mehr als drei Objekte werden innerhalb von fünf Jahren nach der Anschaffung oder Errichtung veräußert, vgl. BFH vom 10.12.2001, GrS 1/98, unter C.III.2.) könne das Vorliegen einer bedingten Veräußerungsabsicht bereits im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs für Zwecke der erweiterten Grundstückskürzung (d.h. keine bloße Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG) auch dann indizieren, wenn die Tätigkeit nicht nachhaltig sei.
§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG enthalte keinen Verweis auf § 15 EStG, weshalb nicht sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen für einen Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG vorliegen müssten. Vielmehr enthalte § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG das ungeschriebene negative Tatbestandsmerkmal eines Gewerbebetriebs, dass keine bloße Vermögensverwaltung vorliegen dürfe. Diese Tatbestandsvoraussetzung sei deckungsgleich mit der Vermögensverwaltung, die bei § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG positiv bejaht werden müsse.
Das Finanzgericht habe zu Recht angenommen, so der BFH, dass das Vorliegen des gewerblichen Grundstückshandels im Streitfall dadurch indiziert sei, dass die Klägerin fünf Grundstücke, die sie im Jahr 2016 erworben hatte, bereits im Jahr 2018 auf einmal („en bloc“) an denselben Erwerber veräußert hatte.
Der Klägerin sei vorliegend auch nicht die einfache Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG a.F. zu gewähren, weil sie hierfür spätestens im Finanzgerichtsverfahren den Einheitswert ihrer Grundstücke hätte nachweisen müssen, was jedoch nicht geschehen ist.
Hierzu merkt der BFH an: Die Möglichkeit, das Finanzamt im Revisionsurteil zu verpflichten, die streitgegenständliche Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags dahin zu ändern, dass die einfache Kürzung doch noch zu berücksichtigen ist, besteht mangels hinreichender Bestimmtheit nicht. Die Übertragung der Steuerberechnung setzt voraus, dass dem Finanzamt nur noch die Berechnung der Steuer verbleibt, das heißt es darf keinen Wertungs-, Beurteilungs- oder Entscheidungsspielraum mehr geben. Sind noch Ermittlungen zur Höhe der Bemessungsgrundlage anzustellen, kommt die Übertragung der Steuerberechnung nicht in Betracht.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 3. Juni 2025 (III R 12/22), veröffentlicht am 28. August 2025.
Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.