EU-Ministerrat verabschiedet Strommarktreform

Der EU-Ministerrat hat am 21. Mai 2024 die bereits im März 2023 vorgelegten Vorschläge der EU-Kommission zur Strommarktgestaltungsverordnung formell angenommen.

Durch die Strommarktreform, die auch die am 18. März 2024 durch den Rat formell angenommene Verordnung zum Schutz vor Marktmanipulation auf dem Energiegroßhandelsmarkt umfasst, sollen Verbraucher:innen von stabileren Energiepreisen, geringerer Abhängigkeit von den Preisen für fossile Brennstoffe und einem besseren Schutz vor künftigen Krisen auf dem Weg zu einer CO2-neutralen EU profitieren.   

Mit der angenommenen Verordnung wird im Wesentlichen die aktuell maßgebliche Strommarktverordnung (Verordnung (EU) 2019/943) geändert; weitere Anpassungen betreffen die ACER-Verordnung (Verordnung (EU) 2019/942). Als ein maßgebliches Instrument zur Erreichung der eingangs dargestellten Ziele sollen Strombezugsverträge (sog. power purchase agreements – PPA) dienen, die Kunden wie Investoren ein hohes Maß an Sicherheit bieten können. Durch die revidierten Vorgaben der Strommarktverordnung sollen die Einführung von PPA gefördert und zugleich der Verwaltungsaufwand samt anfallender Gebühren minimiert werden. Insgesamt wird eine Vereinfachung und Standardisierung angestrebt. Im Rahmen von PPA sollen die Mitgliedstaaten entsprechend ihrer Dekarbonisierungspläne weiterhin Investitionen in erneuerbare Energien unterstützen können, z.B. durch die Einrichtung von Garantieregelungen, um das Risiko eines Zahlungsausfalls des Käufers zu decken und damit ein wesentliches Hindernis für den Abschluss von PPA zu minimieren. 

Die zweite wesentliche Rolle neben PPA spielen zweiseitige Differenzverträge bzw. gleichwertig ausgestaltete Systeme. Diese sollen die Mitgliedstaaten als Grundlage für ihre direkten Preisstützungssysteme nutzen können und damit neue Investitionen in die CO2-arme-Stromerzeugung zu fördern. Zugleich soll durch diesen Fördermechanismus sichergestellt werden, dass die Strompreise in geringerem Umfang als bislang von Preisschwankungen auf den von fossilen Brennstoffen abhängigen Märkten beeinflusst werden. Dementsprechend können sich zweiseitige Differenzverträge nach Maßgabe der revidierten Strommarktverordnung nur auf Investitionen in neue Stromerzeugungsanlagen aus Windenergie, Solarenergie, geothermischer Energie, Wasserkraft (ohne Speicher) und Kernenergie beziehen. Den Mitgliedstaaten soll es aber freistehen, entsprechende Förderregelungen unter Nutzung zweiseitiger Differenzverträge u.a. auch für ein erhebliches Repowering bestehender Anlagen zu schaffen. Abgeschlossen wird ein zweiseitiger Differenzvertrag zwischen einer öffentlichen Einrichtung und einem Energieerzeuger unter Vereinbarung eines Mindest- und eines Höchstpreises. Der Marktpreis bildet sich dabei nach wie vor am Markt nach dem Merit-Order-Prinzip. Fällt der Marktpreis unter die vereinbarte Mindestvergütung, erhält der Erzeuger einen finanziellen Zuschuss vom Staat. Dabei soll die geschützte Mindestvergütung so gewählt werden, dass die finanzierte Stromerzeugungsanlage langfristig wirtschaftlich tragfähig ist. In sog. Hochpreisphasen hat der Energieerzeuger dagegen die überhöhten Einnahmen an die öffentliche Einrichtung zurückzuzahlen. Die Verwendungszwecke dieser Mittel sind ebenfalls in der Verordnung festgelegt: Sie können unmittelbar an Endkunden ausgeschüttet, zur Senkung der Stromkosten der Endkunden investiert oder für den Ausbau der Verteilernetze verwendet werden.              

Weiterhin umfasst die Verordnung die Befugnis des Rates, auf Grundlage eines entsprechenden Kommissionsvorschlags eine Krise auszurufen, wenn auf den Stromgroßhandelsmärkten sehr hohe Preise auftreten oder ein starker Anstieg der Endkundenpreise zu verzeichnen ist. Daneben wurden neue Vorgaben für eine größere Flexibilität des Stromsystems aufgenommen. Der Flexibilitätsbedarf muss auf nationaler und dann auf Unionsebene bewertet werden, um ihn auf dieser Grundlage auszubauen. Nichtfossilen Flexibilitätsmechanismen wie Laststeuerung und Energiespeicherung soll in Zukunft neben bisherigen Kapazitätsmechanismen größere Bedeutung zukommen. 

Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit auf dem Weg zu einem CO2-freien Strommarkt sollen zudem Kapazitätsmechanismen künftig eine weitaus bedeutendere Rolle einnehmen. Zu diesem Zweck wird die bislang vorgesehene Befristung aufgehoben, sodass Kapazitätsmechanismen künftig von den Mitgliedstaaten als dauerhaftes Instrument eingesetzt werden können.   

Die Strommarktgestaltungsverordnung wird nun zeitnah unterzeichnet und im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Sie tritt zwanzig Tage nach der Veröffentlichung in Kraft und beansprucht unmittelbar Geltung. Eine Umsetzung in nationales Recht ist damit an sich nicht erforderlich, angesichts der neuen Instrumente ist aber mit Anpassungen der geltenden Rechtslage durchaus zu rechnen. Über entsprechende Novellierungen halten wir Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden.   

Haben Sie Fragen zu den anstehenden Änderungen der Strommarktverordnung und potentiellen Auswirkungen? Dann sprechen Sie uns gerne an. 

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