Grunderwerbsteuer bei Anteilserwerb durch Briefkastengesellschaft

Nach einem Beschluss des Bundesfinanzhofs in Sachen vorläufiger Rechtsschutz kann eine im Inland weder als Kapital- noch als Personengesellschaft rechtsfähige Briefkastengesellschaft nicht Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft erwerben.

An einer Grundstücks-KG (Antragstellerin) war eine Unternehmergesellschaft (G) als Komplementärin und X als alleiniger Kommanditist beteiligt, der zugleich Geschäftsführer der G war. Nachdem X seinen Kommanditanteil von zunächst 30.000 Euro auf 2.500 Euro herabsetzte, trat die nach dem International Business Companies Act der Republik Seychellen (Seychellen) gegründete S als Kommanditist ein. An S war die C mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln beteiligt. X hatte in Zypern mit der C eine Vereinbarung abgeschlossen, der zufolge die C den Geschäftsanteil an der S treuhänderisch für X hielt. S erhöhte ihren Kommanditanteil im Februar und März 2013 auf insgesamt 137.5000 Euro. Aufgrund dieser Gegebenheiten setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer (GrESt) fest: Durch die Erhöhung des Kommanditanteils unmittelbar bzw. mittelbar seien Anteile der grundbesitzenden Antragstellerin übergegangen und hierdurch ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) verwirklicht worden, indem S mit der Kapitalerhöhung ihren Kapitalanteil auf 96,88 % aufgestockt habe. Über den Einspruch in der Hauptsache ist noch nicht entschieden. Diese ist derzeit beim BFH unter dem Az. II R 18/17 u. a. mit folgender Fragestellung anhängig: „Greift die Fiktion des Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG auch, wenn einer der Erwerber bereits zuvor mittelbar über eine GmbH an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt war?“

Bis zum Entscheid in der Hauptsache, bat die Antragstellerin um Aussetzung der Vollziehung, die vom Finanzamt und auch vom Finanzgericht abgelehnt wurde. Der BFH gab der Beschwerde jedoch statt.

Nach summarischer Prüfung bestehen für die obersten Steuerrichter Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids, weil S mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine Briefkastengesellschaft (Domizilgesellschaft/Basisgesellschaft) ist, von der nicht feststeht, ob sie im Inland überhaupt rechtsfähig und als solche in der Lage ist, einen Anteil an der Antragstellerin zu halten und insofern die Voraussetzungen eines nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbaren Tatbestands erfüllen kann. Aufgrund dessen, so der BFH, liege eine Unsicherheit in der Beurteilung von Tat- und Rechtsfragen vor, die eine Aussetzung der Vollziehung rechtfertigt. Der BFH weiter:

  • Die Rechtsfähigkeit einer im Ausland gegründeten Kapitalgesellschaft beurteilt sich grundsätzlich nach dem Recht am Ort des tatsächlichen Verwaltungssitzes (sog. Sitztheorie). Abweichend davon richtet sich die Rechtsfähigkeit nach der sog. Gründungstheorie, wenn eine Gesellschaft in einem Vertragsstaat der EU, des EWR oder in einem mit diesen aufgrund Staatsvertrags in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit gleichgestellten Staat nach dessen Vorschrift wirksam gegründet ist.
  • Kommt einer Kapitalgesellschaft nach Maßgabe der Sitztheorie keine Rechtsfähigkeit zu, kann sie dennoch als Personengesellschaft rechtsfähig sein, wenn sie mehr als einen Gesellschafter besitzt. Im vorliegenden Fall hatte die S jedoch lediglich einen Gesellschafter, nämlich die C.

Zwar könnte sich aufgrund der besonderen Gegebenheiten des Falles der tatsächliche Verwaltungssitz der S in Deutschland befunden haben. Es war aber nicht erkennbar, dass S die Gründungsvorschriften für eine deutsche Gesellschaft eingehalten hätte, so dass ihr nach diesem Maßstab keine Rechtsfähigkeit als Kapitalgesellschaft zukäme.

Fundstelle

BFH-Beschluss vom 8. Januar 2019 (II B 62/18), als NV-Entscheidung veröffentlicht am 6. Januar 2019

Eine englische Zusammenfassung dieses Beschlusses finden Sie hier.

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