Besteuerung der offenen Rücklage bei Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft

Im Fall des Formwechsels von einer Kapital- in eine Personengesellschaft ist die Besteuerung der offenen Rücklagen der Kapitalgesellschaft bei umwandlungssteuerrechtlich fiktiv als eingelegt behandelten Anteilen als Gewinn der Gesamthand und nicht als Sondergewinn des bisherigen Anteilseigners zu behandeln.

Streitig ist die Erfassung des Gewinns aus einer fiktiven Totalausschüttung nach § 7 Satz 1 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) in 2007. Zweck der Zurechnung nach § 7 UmwStG ist es, das deutsche Besteuerungsrecht an den offenen Gewinnrücklagen der bisherigen Kapitalgesellschaft auch gegenüber solchen Anteilseignern, bei denen ein Übernahmegewinn nicht in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden könnte, sicherzustellen.

Die Klägerin ist eine durch formwechselnde Umwandlung aus der B-GmbH hervorgegangene GmbH & Co. KG. Der Umwandlung wurde eine Bilanz der B-GmbH auf den 31. Dezember 2007 zugrunde gelegt. In dieser waren neben dem gezeichneten Kapital von 25.000 EUR ein Bilanzgewinn von 140.604 EUR (davon Gewinnvortrag 189 EUR) sowie ein Sonderposten mit Rücklageanteil von 42.000 EUR ausgewiesen. Für das Jahr 2007 nahm die B-GmbH einen Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 140.400 EUR in Anspruch. Diesen Betrag rechnete die Klägerin in den Folgejahren ihrem Gewinn nach § 7g Abs. 2 EStG hinzu. Das Finanzamt war der Auffassung, dass im Zusammenhang mit der Umwandlung der Bilanzgewinn als fiktiv ausgeschüttet gelte, was zu einer entsprechenden Sonderbetriebseinnahme des Anteilseigners führe. Das Finanzgericht hatte die hierauf gerichtete Klage abgewiesen. Die Klägerin machte geltend, dass die Erfassung des Sondergewinns zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung führe. Der BFH hat nun der Revision der Klägerin stattgegeben.

Im Fall des Formwechsels von einer Kapital- in eine Personengesellschaft ist die Besteuerung der offenen Rücklagen der Kapitalgesellschaft nach § 7 Satz 1 UmwStG bei nach § 5 Abs. 2 UmwStG fiktiv als eingelegt behandelten Anteilen als Gewinn der Gesamthand und nicht als Sondergewinn des bisherigen Anteilseigners zu behandeln. Damit wurde erstmals höchstrichterlich auch die Frage geklärt, dass Dividenden nach § 7 Satz 1 UmwStG auch von der Einlagefiktion in das Betriebsvermögen umfasst werden (sog. weite Einlagefiktion). Dies entspricht der bislang von der Finanzverwaltung im Umwandlungssteuer-Erlass (BMF vom 11. November 2011) in den Rz. 7.07 und 4.26. vertretenen Auffassung.

Zudem wurde festgestellt, dass für Zwecke des § 7 Satz 1 UmwStG das Eigenkapital um noch nicht in Anspruch genommene oder aufgelöste Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG zu mindern ist. Hierzu war eine teleologische Reduktion erforderlich, da die Bildung des Investitionsabzugsbetrags außerbilanziell erfolgt ist. Dies wurde mit dem Zweck von § 7 UmwStG gerechtfertigt, unbesteuerte Gewinnrücklagen nicht in die finale Nichtbesteuerung hineinwachsen zu lassen. Eine derartige Gefahr besteht mit Blick auf § 7g EStG nicht, da eine Besteuerung des Abzugsbetrages in jedem Fall sichergestellt ist.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 11. April 2019 (IV R 1/17), veröffentlicht am 13. Juni 2019

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