Bekanntgabefiktion bei Beauftragung eines Subunternehmers durch einen privaten Postdienstleister

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass die Zugangsfiktion bei Übersendung einer Einspruchsentscheidung durch einen privaten Postdienstleister, der zur Briefbeförderung einen weiteren Subunternehmer zwischenschaltet, nicht gilt.

Sachverhalt

Die Familienkasse hatte einen Kindergeldantrag des Klägers abgelehnt und den hiergegen eingelegten Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Auf der Einspruchsentscheidung wurde der Hinweis vermerkt „abgesandt am 6.11.2015“. Bei dem 6. November 2015 handelte es sich um einen Freitag. Die Familienkasse hatte eine vertragliche Vereinbarung mit einem regionalen privaten Briefdienstleister über die Abholung ihrer Post geschlossen. Der private Postdienstleister beauftragte für einen Teil dieser Post - so auch im Fall der Einspruchsentscheidung - die Deutsche Post AG mit der Weitersendung.
Die am 10.12.2015 vom Kläger erhobene Klage wurde vom Finanzgericht Münster wegen Versäumung der Klagefrist mit Urteil vom 13. März 2017 (Az. 13 K 3907/15 Kg) zurückgewiesen.

Zurückverweisung durch den Bundesfinanzhof

Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das Urteil des Finanzgerichts Münster jedoch mit Gerichtsbescheid vom 14. Juni 2018 (Az. III R 27/17) auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Das Finanzgericht habe zu ermitteln, ob nach den beim privaten Dienstleister vorgesehenen organisatorischen Vorkehrungen regelmäßig von einem Zugang innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden kann. Dies gelte vor allem bei einem regionalen Dienstleister, der bei bundesweiten Zustellungen andere Dienstleistungsunternehmen zwischenschalte.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Münster hat der Klage nun im zweiten Rechtsgang stattgegeben. Obwohl die Klage außerhalb der Dreitagesfrist ab dem 6. November 2015 erhoben worden sei, führt dies nach Auffassung des Finanzgerichts nicht zum Versäumen der Frist.
Die Formulierung „unter Aufgabe zur Post“ erfasse zwar grundsätzlich auch einen privaten Postdienstleister. Die beklagte Familienkasse war aber nach Ansicht des Finanzgerichts den Nachweis schuldig geblieben, dass am 6. November 2015 tatsächlich ein Botengang im Haus stattgefunden habe, bei dem die Einspruchsentscheidung in die vorgesehene Ablage zur Abholung durch den Kurierdienst gelegt worden sei. Weiterhin habe sie auch keinen Nachweis für die tatsächliche Abholung der Ausgangspost durch den Kurierdienst an diesem Tag erbracht, obwohl sie nach den vertraglichen Bestimmungen hierzu Informationen beim Postdienstleister hätte einholen können.


Unabhängig von diesen Erwägungen würde die Zugangsfiktion innerhalb von drei Tagen jedoch durch die Zwischenschaltung eines weiteren Dienstleistungsunternehmers – der Deutschen Post AG – erschüttert, die durch den privaten Postdienstleister mit der Beförderung der Einspruchsentscheidung beauftragt wurde. Aufgrund eines erforderlichen weiteren Sortierprozesses könne nach Auffassung des Finanzgerichts eine Verlängerung der Laufzeit um mindestens einen Tag nicht ausgeschlossen werden.
Die Deutsche Post AG sei auf Grundlage des mit dem privaten Postdienstleiters geschlossenen Vertrages bei einer Übergabe an einem Freitag frühestens zu einer Zustellung am folgenden Dienstag verpflichtet gewesen.

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Urteil vom 15.05.2019 (13 K 3280/18 Kg), veröffentlicht am 17. Juni 2019

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