EuGH-Vorlage: Vorsteuerabzug für Ausbaumaßnahmen an öffentlichen Straßen?

Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht es als möglich an, dass ein Unternehmer, der im Auftrag einer Stadt Baumaßnahmen an einer Gemeindestraße vornimmt, aus von ihm hierfür bezogenen Bauleistungen entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Er hat daher mehrere Rechtsfragen zur Auslegung des insoweit zu beachtenden Unionsrechts dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vorgelegt.

Sachverhalt

Dem klagenden Unternehmen, einer GmbH, war die Genehmigung zum Betrieb eines Steinbruchs unter der Auflage erteilt worden, eine für den Abtransport des gewonnenen Kalksandsteins zu nutzende öffentliche Gemeindestraße auszubauen. Eigentümerin der Straße war die Stadt. Die Klägerin machte aus den für den Ausbau von anderen Unternehmern bezogenen Bauleistungen den Vorsteuerabzug geltend.
Nach Auffassung der Finanzbehörde hatte die Klägerin mit dem Ausbau der Straße eine umsatzsteuerpflichtige unentgeltliche Werklieferung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) an die Stadt erbracht.

Entscheidung des Finanzgerichts

Das Hessische Finanzgericht gab der von der GmbH erhobenen Klage teilweise statt. Nach Auffassung des Finanzgerichts lagen die Voraussetzungen für eine Besteuerung der Ausbaumaßnahme an der Gemeindestraße nicht vor. Entgegen der Ansicht der Klägerin entschied das Finanzgericht jedoch, dass die Vorsteuerbeträge für die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Ausbaumaßnahme angefallenen Eingangsumsätze nicht zu berücksichtigen seien.
Die Revision hatte das Finanzgericht nicht zugelassen.

Vorlagefragen des BFH

Nach nationalem Recht wäre der Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts nach Auffassung des BFH zu folgen. Da die Eingangsleistungen in der Absicht bezogen wurden, sie für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit (unentgeltliche Lieferung an die Stadt) zu verwenden, habe die Klägerin nach nationalem Recht folglich keinen Anspruch auf den Vorsteuerabzug.
Der BFH hat jedoch Zweifel an der Vereinbarkeit der auf das nationale Recht gestützten Beurteilung mit dem Unionsrecht. Insgesamt legt der BFH dem EuGH drei Fragen zur Auslegung des insoweit zu beachtenden Unionsrechts vor.

Zunächst möchte der BFH durch das Vorabentscheidungsersuchen klären, ob aufgrund neuerer EuGH-Rechtsprechung ein Vorsteuerabzug zu gewähren ist (Vorlagefrage 1). Falls der EuGH die erste Vorlagefrage bejaht, stellt sich die weitere Frage, ob der Vorsteuerabzug mit einer Umsatzsteuerforderung aus einer Leistung an die Gemeinde saldiert werden muss. Insoweit wäre durch den EuGH zu klären, ob die Ausbaumaßnahme für die Stadt entweder zu einer entgeltlichen Lieferung von Gegenständen führt (Vorlagefrage 2), oder, wenn eine unentgeltliche Leistung vorliegt, ob die Voraussetzungen für die sog. Entnahmebesteuerung vorliegen (Vorlagefrage 3).

Fundstelle

BFH, Beschluss vom 13.03.2019 (XI R 28/17), veröffentlicht am 11. Juli 2019; das Az. beim EuGH ist noch nicht bekannt.

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