Update: Mehrstufige Organschaft unter Beteiligung von Personengesellschaften

Das Finanzgericht Münster nimmt zur umsatzsteuerlichen Organschaft unter Beteiligung einer Personengesellschaft und der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung Stellung: Liegt eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen Konzernspitze und einer Enkelgesellschaft vor, ist eine wirtschaftliche Eingliederung zwischen Konzernspitze und Tochtergesellschaft anzunehmen, wenn die Enkelgesellschaft ihrerseits in die Tochtergesellschaft finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert ist.

Der Fall stellt sich komplex, in Kürze aber wie folgt dar: An der Klägerin (einer GmbH & Co. KG in Funktion einer Holding der Unternehmensgruppe) waren IF (als Einzelunternehmr) zu 90% und die I-GmbH zu 10% beteiligt. IF hielt zudem 100% der Anteile an der I-GmbH. Die Klägerin war sowohl an der Betriebs-KG als auch an der T&F-Verwaltungs- und Beteiligungs-GmbH (T&F) zu 100% beteiligt. Sie verpachtete an die Betriebs-KG einen Versicherungskundenstamm und erbrachte dieser gegen Entgelt Buchführungsleistungen und Jahresabschlussarbeiten. Die T&F war ihrerseits Komplementärin der Betriebs-KG und erbrachte dieser gegenüber Geschäftsführungsleistungen gegen Entgelt. IF überließ der Betriebs-KG die für das Versicherungsgeschäft notwendige Immobilie gegen Entgelt. Das Finanzamt verneinte eine umsatzsteuerliche Organschaft – das Finanzgericht gab der Klage statt. Die Finanzrichter ziehen die Grundsätze der jüngsten BFH-Rechtsprechung zur organisatorischen Eingliederung einer GmbH auf Organgesellschaften in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG heran.

IF als Organträger: Die Klägerin war sowohl finanziell, wirtschaftlich (durch Vermietung des für das Versicherungsgeschäft notwendigen Bürogebäudes gegen Entgelt durch IF an die Betriebs-KG) als auch organisatorisch (durch Personenidentität des IF als Komplementär und einziger Geschäftsführer der Klägerin) in das Unternehmen der IF eingegliedert. Der begriff "juristische Person" im Sinne der neuesten BFH-Rechtsprechung umfasse auch Personengesellschaften als Organgesellschaften. In seinem Urteil geht das Finanzgericht auch dann von einer wirtschaftlichen Verflechtung zwischen Konzernspitze (IF) und Tochtergesellschaft (Klägerin) aus, wenn lediglich die Enkelgesellschaft (die Betriebs-KG) Leistungen von der Konzernspitze bezieht, dieser Leistungsbezug aber aufgrund einer zwischen der Tochtergesellschaft und der Enkelgesellschaft bestehenden organschaftlichen Verflechtung der Tochtergesellschaft zuzurechnen ist.

Für Gesellschaften in der Rechtsform einer GmbH hat der BFH entschieden, dass es für eine organisatorische Eingliederung ausreicht, wenn bei einer Organ-GmbH, bei der mehrere einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer bestellt sind, zumindest einer von ihnen auch Geschäftsführer der Organträger-GmbH ist, der Organträger über ein umfassendes Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung der Organ-GmbH verfügt. Dies übertrugen die Richter deshalb auf den Streitfall, da dieselben Möglichkeiten zur Einflussnahme gegenüber der geschäftsführenden Komplementär-T&F bestehen, wie gegenüber alleinstehenden GmbHs. Der Beitritt von IF als weiterer Komplementär war in Anbetracht des Umstandes, dass der Gesellschafterversammlung einer KG grundsätzlich kein Weisungsrecht gegenüber dem Komplementär zukommt, deshalb unproblematisch, weil IF nicht beliebiger Dritter, sondern Geschäftsführer der Klägerin war und daher die Möglichkeit der Einflussnahme der Klägerin nicht vermindert wurden.

Update (10. Juli 2020)

Laut LEXinform ist das Urteil rechtskräftig.

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Urteil vom 13. Juni 2017 (15 K 2617/13 U); rkr.

To the top