Keine Rechnung ohne Leistungsbeschreibung

Ein Abrechnungsdokument ist keine Rechnung und kann deshalb auch nicht mit der Folge einer Ausübungsvoraussetzung für den Vorsteuerabzug rückwirkend berichtigt werden, wenn es wegen ganz allgemein gehaltener Angaben (hier "Produktverkäufe") nicht möglich ist, die abgerechnete Leistung eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Klägerin im Jahr 2005 (Streitjahr) die Vorsteuer aus einer Credit Note (Gutschrift) abziehen kann.

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die u.a. in den elektronischen Vertrieb von Software eingebunden ist. Hierzu betreibt sie einen Onlineshop für verschiedene Softwarehersteller. Der Kunde schließt über den Onlineshop einen Kaufvertrag unmittelbar mit der Klägerin ab, die wiederum die Software bei dem Softwarehersteller einkauft.

Im November 2005 erwarb die Klägerin von der X-GmbH (Verlag) Standardsoftware und rechnete darüber mit einer Credit Note ab. Darin fehlten Angaben zur Steuernummer und zur Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des Verlags. Der Gegenstand der Abrechnung war mit "Transfer Sum November 2005" beschrieben. Zusammen mit der Credit Note übermittelte die Klägerin einen "Accounting Report", in dem unter "Sales Products" (Produktverkäufe) die Nettoumsätze aus den verkauften Software-Produkten in einer Summe zusammengefasst dargestellt waren; darauf wurde der Steuersatz "16 %" angewendet und als Ergebnis der "Rechnungsbetrag brutto" angegeben. Die Klägerin übermittelte die Credit Note und den Accounting Report an den Verlag per E-Mail ohne elektronische Signatur.

Im Nachgang zu einer betriebsinternen Prüfung übermittelte die Klägerin dem Verlag die Credit Note mit Begleitschreiben vom 26. April 2011 erneut, nunmehr in Papierform. Beigelegt waren ein Blatt mit der Angabe der Steuernummer des Verlags sowie eine Auflistung der von dem Verlag erworbenen Software. Hierauf gab die Klägerin am 28. Juni 2011 eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 2005 ab, in der sie aus der streitgegenständlichen Credit Note keine Vorsteuern mehr geltend machte. Gegen diese --als Vorbehaltsfestsetzung wirkende Steuererklärung-- legte sie am 13. Juli 2011 Einspruch ein, mit dem sie eine auf das Streitjahr rückwirkende Berichtigung der Credit Note geltend machte.

Das Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug u.a. mit der Begründung ab, die Leistungsbeschreibung der ursprünglichen Credit Note reiche nicht aus, um die Anforderungen an eine berichtigungsfähige Rechnung zu erfüllen.

Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg hatte Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision des Finanzamtes stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Das Finanzgericht hat zu Unrecht die Voraussetzungen für eine Rechnungsberichtigung und damit einen Anspruch der Klägerin auf den Abzug der Vorsteuer aus der Credit Note für das Streitjahr bejaht.

Zutreffend ist das Finanzgericht davon ausgegangen, dass die Credit Note für sich genommen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte. Denn zum einen fehlte dort die nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) geforderte Angabe zur Steuernummer oder USt IdNr. des leistenden Unternehmers (vgl. BFH, Urteil v. 2.September 2010 - V R 55/09). Zum anderen genügte die Leistungsbeschreibung nicht den Anforderungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG, weil sich daraus weder die Art noch die Menge der verkauften Produkte ergibt (vgl. BFH, Urteil v. 16. Januar 2014 - V R 28/13; BFH, Urteil v. 1.3.2018 - V R 18/17; EuGH, Urteil v. 15.9.2016 - C‑516/14 „Barlis 06“).

Das Finanzgericht hat allerdings rechtsfehlerhaft entschieden, dass die Klägerin aufgrund einer Berichtigung der Credit Note durch ihr Schreiben im Jahr 2011 einen Anspruch auf Vorsteuerabzug im Streitjahr hat. Denn das Dokument aus dem Jahr 2005 stellt keine nach § 31 Abs. 5 Satz 1 UStDV berichtigungsfähige Rechnung in Form einer Gutschrift dar.

Ein Dokument ist eine Rechnung und damit berichtigungsfähig, wenn es Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält (BFH, Urteil v. 20. Oktober 2016 - V R 26/15; BFH, Urteil v. 15. Oktober 2019 - V R 19/18; BFH, Beschluss v. 20. Juli 2012 - V B 82/11). Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung hat hinsichtlich der Leistungsbeschreibung nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG folgende Angaben zu enthalten: „die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung".

Nach diesen Maßstäben fehlt es vorliegend an einer berichtigungsfähigen Rechnung. Denn die Angaben in der Credit Note aus dem Jahr 2005 sind - auch unter Berücksichtigung der weiteren Umstände - unbestimmt und ermöglichen nicht, die abgerechnete Leistung zu erkennen.

Die Versagung des Vorsteuerabzugs im Streitjahr, in dem die Klägerin lediglich über ein Dokument verfügte, das die Anforderungen an eine berichtigungsfähige Rechnung nicht erfüllt, und in dem deshalb eine - erstmalige - Rechnung noch nicht erteilt war, entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH. Danach kann der Vorsteuerabzug erst ausgeübt werden, wenn die Lieferung oder sonstige Leistung bewirkt wurde und der Steuerpflichtige im Besitz einer Rechnung ist (vgl. EuGH, Urteil v. 29. April 2004 - C 152/02 „Terra Baubedarf-Handel“).

Es besteht keine Veranlassung, den EuGH nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens anzurufen.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 12. März 2020 (V R 48/17), veröffentlicht am 20. August 2020.

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