Unternehmerische Veranlassung von Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung

Das Thüringer Finanzgericht hat entschieden, dass Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie Familienheimfahrten wegen einer aus betrieblichem Anlass begründeten doppelten Haushaltführung unternehmerische Fahrten darstellen und keiner Vorsteuerkürzung nach § 15 Abs. 1a UStG unterliegen. Ist der Unternehmer neben einer unternehmerischen Entwicklungstätigkeit als Arbeitnehmer in einem unbefristeten Vollzeitarbeitsverhältnis tätig und begründet er infolge der Anmietung einer Zweitwohnung in der Nähe des Arbeitsortes eine doppelte Haushaltsführung, so sind die an den Wochenenden durchgeführten Familienheimfahrten im Hinblick auf die unternehmerische Tätigkeit insgesamt privat und auch nicht teilweise unternehmerisch veranlasst.

Sachverhalt

Streitig ist der Abzug von Vorsteuer für die Anschaffung bzw. für die Nutzung eines Pkws, insbesondere, ob der Kläger das Fahrzeug zu Recht seinem Unternehmen zugeordnet hat oder ob dies nicht möglich war, weil der Anteil der unternehmerischen Nutzung unter 10 % gelegen hat.

Das Finanzamt berücksichtigte im Umsatzsteuerbescheid 2014 zunächst erklärungsgemäß die durch den Kläger geltend gemachte Vorsteuer aus der im Jahr 2014 erfolgten Anschaffung eines Pkw sowie die Vorsteuer aus den laufenden Pkw-Kosten in voller Höhe.

Nach den Feststellungen einer im Jahr 2015 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung waren im Streitjahr 2014 die unentgeltlichen Wertabgaben i.S. des § 3 Abs. 9a UStG für das bis Oktober 2014 durch den Kläger genutzte Fahrzeug zu erhöhen, da die Fahrten zwischen dem doppelten Haushalt des Klägers in B und seinem Erstwohnsitz in C privat veranlasste Familienheimfahrten darstellten und der nicht unternehmerisch veranlasste Nutzungsanteil für das bis Oktober 2014 genutzte Fahrzeug deshalb 92,56 % betragen habe.
Der Anteil der unternehmerischen Nutzung des am 21. Oktober 2014 erworbenen Pkw Mercedes habe aus den gleichen Gründen auch nur 5,9 % betragen. Wegen der weniger als 10 %igen unternehmerischen Nutzung sei die durch den Kläger erfolgte Zuordnung des im Jahr 2014 erworbenen Pkw in das Unternehmensvermögen zu Unrecht erfolgt. Nur die Vorsteuer aus den laufenden Pkw-Kosten sei ab November 2014 in Höhe des unternehmerischen Nutzungsanteils abziehbar.

Richterliche Entscheidung

Die hiergegen gerichtete Klage beim Thüringer Finanzgericht blieb ohne Erfolg.

Bei der Beurteilung, ob der PKW, mit dem die Familienheimfahrten durchgeführt werden, im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) zu mindestens 10 % für das Unternehmen genutzt wird und unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs dem Unternehmen zugeordnet werden kann, sind die Fahrten zwischen der durch die Arbeitnehmertätigkeit veranlassten Zweitwohnung und der Familienwohnung nicht als unternehmerisch anzusehen.

Wird ein Pkw insgesamt dem Unternehmen zugeordnet, ist nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG die Verwendung für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, zu besteuern. Als Bemessungsgrundlage sind gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG die Ausgaben anzusetzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt haben. Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie Familienheimfahrten wegen einer aus betrieblichem Anlass begründeten doppelten Haushaltführung stellen unternehmerischen Fahrten dar und unterliegen keiner Vorsteuerkürzung nach § 15 Abs. 1a UStG (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 05. Juni 2014, XI R 36/12). Dagegen stellen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder Familienheimfahrten im Rahmen einer Arbeitnehmertätigkeit unternehmensfremde Zwecke dar.

Zwar stellen nach der BFH-Rechtsprechung (siehe oben) Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie Familienheimfahrten wegen einer aus betrieblichem Anlass begründeten doppelten Haushaltführung unternehmerischen Fahrten dar und unterliegen keiner Vorsteuerkürzung nach § 15 Abs. 1a UStG. Die Rechtsprechung begründet ihre Auffassung zu Recht damit, dass ein Unternehmer – anders als ein Arbeitnehmer – seinen Betrieb aufsucht, um dort unternehmerisch tätig zu sein. Zwischen diesen Fahrten und den vom Unternehmer ausgeführten Umsätzen bestehe – anders als bei entsprechenden Fahrten eines Arbeitnehmers – ein unmittelbarer Zusammenhang.

Abweichend davon ist aber im Streitfall die doppelte Haushaltsführung nicht durch einen betrieblichen bzw. unternehmerischen Anlass begründet, sondern allein durch seine dort ausgeübte Arbeitnehmertätigkeit veranlasst.

Die Revision hatte das Finanzgericht nicht zugelassen.

Fundstelle

Thüringer Finanzgericht, Urteil vom 22. Oktober 2019 (3 K 308/19); rkr.

To the top