Keine Berücksichtigung ertragsteuerlicher Rückwirkungen bei der Bewertung des Erwerbs auf den Todeszeitpunkt des Erblassers

Eine ertragsteuerliche Rückwirkung, wie sie durch § 2 UmwStG zugelassen ist, lässt die Anwendung des § 11 ErbStG unberührt. Denn die Frage, welches Vermögen zum Nachlass eines Erblassers gehörte bzw. was Gegenstand einer unentgeltlichen Zuwendung war, beurteilt sich ausschließlich nach zivil- bzw. erbschaftsteuerrechtlich maßgeblichen Verhältnissen zum Bewertungsstichtag. Dies hat das Finanzgericht München entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger war alleiniger Kommanditist der Firma A GmbH & Co. KG. Sein Vater war alleiniger Kommanditist der Firma B GmbH & Co. KG.

Die A GmbH & Co. KG übertrug ihr Vermögen als Ganzes unter Auflösung ohne Abwicklung im Wege der Aufnahme auf die übernehmende Gesellschaft B GmbH & Co. KG. Die Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister erfolgte am 30. Juli 2013. Der Vater des Klägers verstarb am 5. Juni 2013. Der Kläger war Alleinerbe.

Der Kläger reichte eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts mit Anlagen am 28. Juli 2015 (Feststellungserklärung) beim Finanzamt ein. Darin berechnete er u.a. den gemeinen Wert des erworbenen Anteils des Klägers am Betriebsvermögen zum Stichtag 5. Juni 2013 (Todestag des Vaters des Klägers) nach der Verschmelzung der Firma A GmbH & Co. KG auf die Firma B GmbH & Co. KG.

Nach Auffassung des Finanzamts waren für die Bewertung der Besteuerungsgrundlagen hingegen die am Todestag des Vaters wirksamen Verhältnisse maßgebend. Nachträgliche Wertänderungen seien nicht zu berücksichtigen. Die Verschmelzung mit Rückwirkung auf den 1. Januar 2013 sei erst mit Eintragung ins Handelsregister am 30. Juli 2013 wirksam geworden. Da das Erbschaftsteuerrecht eng an das Zivilrecht geknüpft sei, erfolgte die Verschmelzung erst mit Eintragung ins Handelsregister und sei im Bewertungszeitpunkt nicht zu beachten.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, dass für die Verschmelzung die steuerliche Rückwirkungsfiktion des § 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) gelte. Da § 2 Abs. 1 UmwStG auch hinsichtlich der Besteuerung des Vermögens gelte, finde § 2 Abs. 1 UmwStG auch für die Erbschaftsteuer Anwendung.

Richterliche Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht München blieb ohne Erfolg.

Am Todestag des Vaters des Klägers (5. Juni 2013) war die Firma A GmbH & Co. KG noch nicht auf die Firma B GmbH & Co. KG verschmolzen. Die hierfür erforderliche Eintragung ins Handelsregister (vgl. § 16 Abs. 1 UmwG) erfolgte erst am 30. Juli 2013. Damit war Gegenstand des Erwerbs des Klägers von Todes wegen des Anteils seines Vaters an der Firma B GmbH & Co. KG vor der Verschmelzung.

Nach dem Grundsatz der Maßgeblichkeit des bürgerlichen Rechts für das Erbschaftsteuerrecht ist die ertragsteuerliche Beurteilung für die erbschaftsteuerliche Beurteilung ohne Bedeutung. Es kommt für die Erbschaftsteuer allein auf die zivilrechtliche Rechtslage an.

Auch eine ertragsteuerliche Rückwirkung, wie sie durch § 2 UmwStG (bzw. § 20 Abs. 5 UmwStG) zugelassen ist, lässt die Anwendung des § 11 ErbStG unberührt. Denn die Frage, welches Vermögen zum Nachlass eines Erblassers gehörte bzw. was Gegenstand einer unentgeltlichen Zuwendung war, beurteilt sich ausschließlich nach zivil- bzw. erbschaftsteuerrechtlich maßgeblichen Verhältnissen zum Bewertungsstichtag.

Dementsprechend regelt auch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen in der Fassung vom 11. November 2011, BStBl I 2011, 1314 unter Rz. 01.01, dass die Vorschriften des UmwStG ausschließlich die steuerlichen Folgen von Umwandlungen und Einbringungen für die Körperschaft-, Einkommen- und Gewerbesteuer regeln und nicht für andere Steuerarten (z.B. die Umsatz-, die Grunderwerb- oder die Erbschaftsteuer).

Entgegen der Ansicht des Klägers wäre jedoch auch die Rückwirkungsfiktion des § 2 UmwStG schon nicht auf Einbringungen gem. § 24 UmwStG anwendbar. Denn die Regelungen des § 2 UmwStG zur Rückwirkung einer Umwandlung gelten nur für die im zweiten bis fünften Teil des UmwStG behandelten Umwandlungen, nicht für die Einbringungen.

Die dem streitigen Feststellungsbescheid vom Finanzamt zugrunde gelegte Rechtsauffassung entspricht auch der Rechtsprechung des BFH vom 4. Juli 1984, II R 73/81.

Fundstelle

Finanzgericht München, Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2020 (15 K 2779/18), die Revision ist beim BFH unter dem Az. II R 6/20 anhängig.

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