Vorsteueraufteilung bei Errichtung eines gemischt genutzten „Stadtteilzentrums“

Bestehen bei Gebäuden, die teilweise umsatzsteuerpflichtig und teilweise umsatzsteuerfrei verwendet werden, erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der verwendeten Räume, sind die Vorsteuerbeträge nach dem (objektbezogenen) sog. Umsatzschlüssel aufzuteilen.

Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden und bestätigte damit seine Rechtsprechung (XI R 31/09).

Sachverhalt

Im Urteilsfall errichtete die Klägerin in den Jahren 2009 und 2010 einen gemischt genutzten Gebäudekomplex mit einem Supermarkt, der umsatzsteuerpflichtig verpachtet wird, sowie einer Senioren-Wohnanlage, die umsatzsteuerfrei verpachtet wird („Stadtteilzentrum“).

Da bei gemischt genutzten Gebäuden der Vorsteuerabzug nur zulässig ist, soweit die bezogenen Eingangsleistungen (hier: Baumaterial, Handwerkerleistungen etc.) für steuerpflichtige Ausgangsumsätze verwendet werden, musste die Klägerin die auf das Gebäude entfallende Vorsteuer nach § 15 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) aufteilen.

Dies tat sie zunächst nach dem sog. Flächenschlüssel (dem Anteil der steuerpflichtig verpachteten Flächen des Gebäudes an der Gesamtfläche), was dazu führte, dass nur knapp ein Drittel der Vorsteuer abziehbar war. Später machte die Klägerin geltend, dass wegen der erheblichen Ausstattungsunterschiede der verpachteten Flächen die Vorsteueraufteilung nach dem sog. Umsatzschlüssel (dem Anteil der steuerpflichtigen Umsätze des Gebäudes an den gesamten Umsätzen) vorzunehmen sei, so dass ca. die Hälfte der Vorsteuer abziehbar sei.

Dies lehnte das Finanzamt ab; dem folgte das Finanzgericht Nürnberg. Das „Stadtteilzentrum“ sei (ungeachtet seiner grundbuchrechtlichen Teilung) ein einheitliches Gebäude und die Eingangsleistungen seien trotz der erheblichen Ausstattungsunterschiede der Flächen (Supermarkt einerseits, Seniorenwohnanlage andererseits) im Wesentlichen gleichartig.

Entscheidung des BFH

Der BFH beurteilte dies anders und entschied, dass unter der Prämisse, dass ein einheitliches Gebäude vorliegt, im Streitfall der Umsatzschlüssel anwendbar sei.

Steuerpflichtig genutzt werde umsatzsteuerrechtlich ein bestimmter Prozentsatz des „Stadtteilzentrums“, was den Rückgriff auf die konkrete Ausstattung eines bestimmten Gebäudeteils ausschließe. Außerdem müsse nicht der Steuerpflichtige beweisen, dass der Umsatzschlüssel präziser ist als ein Flächenschlüssel – vielmehr dürfe das Finanzamt den Flächenschlüssel nur anwenden, wenn er präziser ist.

Dass die Klägerin selbst zunächst zur Vorsteueraufteilung den Flächenschlüssel gewählt hatte, war aus Sicht des BFH ebenfalls unschädlich, weil keine Bindung an den vom Steuerpflichtigen gewählten Schlüssel besteht, wenn dieser – wie im Streitfall – nicht sachgerecht ist. Der BFH konnte den Streitfall allerdings nicht selbst abschließend entscheiden; denn das Finanzgericht, an das der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde, muss noch die Höhe der geltend gemachten Vorsteuerbeträge prüfen sowie ermitteln, ob Rechnungen vorlagen, die in den Streitjahren den Vorsteuerabzug erlaubten.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 11. November 2020 (XI R 7/20), veröffentlicht am 18. Februar 2021, vgl. die Pressemitteilung 004/20 des BFH.

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