Gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts gegenüber einem Vermächtnisnehmer

Vermächtnisnehmer sind wie Erben und Miterben am Feststellungsverfahren beteiligt, wenn Gegenstand des Vermächtnisses ein nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG gesondert zu bewertendes Grundstück ist. Eine (eigene) gesonderte Feststellung von Grundbesitzwerten allein gegenüber dem oder --bei mehreren-- den Vermächtnisnehmern ist in §§ 151 ff. BewG nicht vorgesehen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Der 2012 verstorbene Erblasser setzte den Bruder des Klägers zu seinem Alleinerben ein und bestimmte diesen zugleich zum Testamentsvollstrecker. Für den Kläger und dessen beiden Schwestern setzte der Erblasser Vermächtnisse aus. U.a. sollte ein zum Nachlass gehörendes Grundstück zu gleichen Teilen auf die drei Vermächtnisnehmer übergehen.

Streitig ist, ob ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung eines Grundbesitzwerts für die Erbschaftsteuer, der nur an einen von mehreren Vermächtnisnehmern gerichtet ist, wegen mangelnder inhaltlicher Bestimmtheit nach § 125 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) nichtig ist. Zudem ist streitig, ob eine (eigene) gesonderte Feststellung von Grundbesitzwerten gegenüber dem Vermächtnisnehmer zu erlassen ist.

Die Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision des Finanzamtes stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Zu Unrecht hat das Finanzgericht den angefochtenen Feststellungsbescheid aufgehoben. Der Bescheid ist weder unbestimmt noch aus anderen Gründen unwirksam.

Ist ein Vermächtnis auf Zuwendung von Grundbesitz gerichtet, ist für die Besteuerung der nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bewertungsgesetz (BewG) gesondert festzustellende Grundbesitzwert maßgeblich.

Vermächtnisnehmer sind wie Erben und Miterben ebenfalls am Feststellungsverfahren beteiligt, wenn Gegenstand des Sachvermächtnisses ein nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG gesondert zu bewertendes, zum Nachlass gehörendes Grundstück ist. Dies folgt aus § 154 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG, denn die Vermächtnisnehmer schulden nach § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG die Erbschaftsteuer, für die die Wertfeststellung von Bedeutung ist.

Die Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG ist für die Besteuerung des Vermächtnisnehmers von Bedeutung, denn der festgestellte Grundbesitzwert ist bei der Besteuerung dessen Erwerbs durch Vermächtnis zugrunde zu legen (s.o. unter 2.). Der Umstand, dass der Vermächtnisanfall einen anderen Erwerbsvorgang bildet, ist unerheblich. Vermächtnisnehmer sind darüber hinaus am Feststellungsverfahren beteiligt, wenn das Finanzamt sie zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hat (§ 154 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG).

Eine (eigene) gesonderte Feststellung von Grundbesitzwerten allein gegenüber dem oder --bei mehreren-- den Vermächtnisnehmern ist in §§ 151 ff. BewG nicht vorgesehen. Die Beteiligung der Vermächtnisnehmer nach § 154 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG spricht gerade gegen eine solche gesonderte Feststellung allein gegenüber den Vermächtnisnehmern.

Der BFH folgt insoweit ausdrücklich nicht der Ansicht der Finanzverwaltung, die eine gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts gegenüber dem Vermächtnisnehmer vorsieht (vgl. R B 151.2 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019).

Die Auffassung der Finanzverwaltung mag in der Praxis in Einzelfällen zu einer Erleichterung führen. Werden jedoch gegenüber jedem einzelnen Feststellungsbeteiligten (z.B. Erben und Vermächtnisnehmer) jeweils gesonderte Feststellungsbescheide erlassen, birgt dies die Gefahr, dass Feststellungsbescheide mit unterschiedlich festgestellten Grundbesitzwerten ergehen und in Bestandskraft erwachsen.

Das soll jedoch durch § 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 154 BewG, wonach mehrere Feststellungsbeteiligte an dem (einen) Wertfeststellungsverfahren zu beteiligen sind, gerade vermieden werden.

Ein eigenständiger Feststellungsbescheid über den Grundbesitzwert gegenüber einem Vermächtnisnehmer ist fehlerhaft, aber nicht unwirksam. Ein solcher Bescheid kann in Bestandskraft erwachsen.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 06. Mai 2021 (II R 34/18), veröffentlicht am 12. August 2021.

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