Bemessungsgrundlage für unentgeltliche Abgabe von Wärme aus einem Blockheizkraftwerk

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein hat entschieden, dass bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Abgabe von selbst produzierter Wärme aus einem Blockheizkraftwerk nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG auf den Einkaufspreis für die selbst produzierte Wärme abzustellen ist, wenn sich hierfür aus Wärmelieferungen an Dritte ein Marktpreis feststellen lässt.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine KG mit zwei Gesellschaftern, produziert mittels eines an eine Biogasanlage angeschlossenen Blockheizkraftwerks (BHKW) Strom und Wärme. Der im BHKW erzeugte Strom wird entgeltlich an den Netzbetreiber geliefert. Der Netzbetreiber zahlte der Klägerin in den Streitjahren 2008 bis 2013 neben dem Entgelt für den gelieferten Strom den sog. KWK-Bonus in Höhe von 0,02 €/kWh für die im BHKW produzierte Wärme.

Die Klägerin lieferte der E-GmbH in den Streitjahren über eine Fernwärmeleitung Wärme im Umfang von jeweils ca. 500.000 kWh zum Preis von 0,03 €/kWh (netto). Ein weiterer Teil der im BHKW produzierten Wärme im Umfang von ca. 1,6 Mio. kWh pro Jahr wurde ab dem Streitjahr 2012 durch eine beteiligungsidentische Schwestergesellschaft über eine Gasleitung an die G-GmbH geliefert. Für die ersten 400.000 kWh wurde hierbei ein Preis von 0,0275 €/kWh bzw. 0,0294 €/kWh (jeweils netto) in Rechnung gestellt.

Die im BHKW produzierte Wärme wurde in den Streitjahren ferner in den landwirtschaftlichen Betrieben und in den Vermietungsobjekten und Privathäusern der Gesellschafter eingesetzt. Der jährliche Umfang der Wärmeabgabe lag pro Gesellschafter zwischen 289.000 kWh und 370.000 kWh. Die Wärmeabgabe an die Gesellschafter erfolgte nicht gegen gesonderte Rechnung. Ab dem Streitjahr 2010 wurde für die Wärmeabgabe eine Belastung der Kapitalkonten vorgenommen. Die Gesellschafter verfügten in den Streitjahren über eigene Ölheizungsanlagen, die jedoch nicht betrieben wurden. Ein Anschluss an die örtliche Erdgasleitung wäre jederzeit mit einem finanziellen Aufwand von 5.000 € bis 6.000 € möglich gewesen.

Das Finanzamt sah die Wärmeabgabe an die Gesellschafter als unentgeltliche Wertabgabe an, deren Bemessungsgrundlage aufgrund des Fehlens eines Marktpreises durch Ansatz des fiktiven Einkaufspreises zu ermitteln sei, da die Gesellschafter die Wärme ohne erheblichen Aufwand auch alternativ mit eigenen Heizungsanlagen hätten erzeugen können. Den fiktiven Einkaufspreis berechnete das Finanzamt auf Grundlage der Heizölpreise aus den vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie veröffentlichten Energiedaten unter Ansatz von Preisen zwischen 0,0408 €/kWh und 0,0730 €/kWh.

Der Einspruch der Klägerin gegen die Umsatzsteuerbescheide blieb erfolglos.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein gab der Klage teilweise statt.

Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Wärmeabgabe nahm das Finanzgericht auf der Grundlage des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) vor, da diese Vorschrift im Streitfall über die Mindestbemessungsgrundlage auch bei Vorliegen einer entgeltlichen Lieferung an die Gesellschafter anwendbar war. Die Bemessungsgrundlage ermittelte das Finanzgericht durch den Ansatz des fiktiven Einkaufspreises für die selbst produzierte Wärme, der nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG vorrangig vor den Selbstkosten heranzuziehen ist.

Im Hinblick auf die Höhe des Einkaufspreises folgte das Finanzgericht dem Klagebegehren und setzte den Einkaufspreis in Höhe von 0,03 €/kWh an, da sich aus den entgeltlichen Wärmelieferungen an die E-GmbH und die G-GmbH ein entsprechender Marktpreis ergab. Der Ansatz des Marktpreises berücksichtigt nach Auffassung des Finanzgerichts die speziellen Gegebenheiten des Marktes für selbst produzierte Wärme und gibt die Preisverhältnisse am genauesten wieder. Dies führt entsprechend dem Zweck des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG dazu, dass der Unternehmer infolge der Wärmeabgabe mit der Umsatzsteuer belastet wird, die anhand der aktuellen Marktsituation auf der konkret abgegebenen Wärme lastet. Der Unternehmer wird durch den Ansatz des Marktpreises für die selbst produzierte Wärme so behandelt, als habe er die Wärme – in gleicher Weise wie fremde Dritte – bei sich selbst eingekauft.

Die vom Beklagten angesetzten Heizölpreise waren nach Auffassung des Finanzgerichts bei der Ermittlung des fiktiven Einkaufspreises nicht zu berücksichtigen, da sie nach der Vereinfachungsregelung in Abschn. 2.5 Abs. 22 Satz 8 UStAE nur für die subsidiäre Ermittlung der Selbstkosten von Bedeutung sind.

Die von der Klägerin begehrte Anrechnung der KWK-Umlage in Höhe von 0,02 €/kWh auf den fiktiven Einkaufspreis wurde vom Finanzgericht hingegen abgelehnt. Das Gericht schloss sich insoweit der BFH-Rechtsprechung an, der zufolge der KWK-Bonus als zusätzliches Entgelt für den im Blockheizkraftwerk erzeugten Strom anzusehen ist und damit nicht als Entgelt von dritter Seite i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG der Wärmeabgabe zugeordnet werden kann.

Fundstelle

Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 24. November 2020 (4 K 3/16), die Revision ist beim BFH unter dem Az. XI R 38/20 anhängig; siehe den Newsletter II/2021 des Finanzgerichts.

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