§ 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 ist kein eigenständiger, von Satz 4 losgelöster Ausschlussgrund

§ 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 bildet nur die Grundlage für die Vermutung des Satzes 4 und ist kein eigenständiger Ausschlussgrund für eine Buchwertfortführung; es handelt sich um eine einheitliche Missbrauchsvermeidungsregelung bestehend aus den Sätzen 3 und 4. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die A-GmbH spaltete ihre 100%-ige Beteiligung an der E-GmbH auf die in 2008 neu gegründete Schwesterkapitalgesellschaft, die L Deutschland GmbH, mit steuerlicher Rückwirkung zum 31. Dezember 2007 ab. Mit dinglicher Wirkung zum 30. Juni 2008 wurden die Anteile an der L Deutschland GmbH (und mittelbar die Anteile der E-GmbH) an eine konzernfremde GmbH & Co. KG veräußert, die im November 2007 ein verbindliches Angebot für den Erwerb der E-GmbH abgegeben hatte. Bereits seit August 2007 fanden Verhandlungen mit potenziellen Erwerbern statt. In Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 3 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) versagte das Finanzamt die Buchwertfortführung, da durch die Abspaltung des Teilbetriebs „Beteiligung an der E-GmbH“ gegen Gewährung von Anteilen die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen worden sind.

Das Finanzgericht Hamburg bestätigte das Finanzamt und wies die Klage ab (vgl. unseren Blogbeitrag).

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und das Urteil der Vorinstanz aufgehoben.

Das Finanzgericht ist für den streitgegenständlichen Abspaltungsvorgang zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 i. V. mit § 11 Abs. 2 UmwStG 2006 erfüllt sind, es hat aber zu Unrecht angenommen, dass die von der Klägerin begehrte Buchwertfortführung an der sog. Nachspaltungsveräußerungssperre des § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 scheitert.

Die Rechtsfrage, ob § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 als eigenständiger Ausschlussgrund zu bewerten ist, der unabhängig von § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 Anwendung finden kann, wird unterschiedlich beantwortet.

Die überwiegend vertretene Auffassung geht davon aus, dass § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 nur die Grundlage für die Vermutung des Satzes 4 regelt und keinen eigenständigen Anwendungsbereich hat, es sich also um eine einheitliche Missbrauchsvermeidungsregelung bestehend aus den Sätzen 3 und 4 handelt. Dieser Auffassung hat sich der BFH angeschlossen.

Ein Fall des § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 liegt im Streitfall nicht vor. Denn dazu müssten innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag (hier: 31.12.2007) Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft, die mehr als 20 % der vor Wirksamwerden der Spaltung an der Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen, veräußert worden sein. Es muss ermittelt werden, welchen rechnerischen Anteil die zu berücksichtigenden Anteile an den beteiligten Körperschaften nach Spaltung an den Anteilen an der übertragenden Körperschaft vor Spaltung repräsentieren. Maßgeblich sind insoweit die gemeinen Werte der Anteile zum Übertragungsstichtag.

Deshalb sind zeitlich vorgelagerte Vorgänge - was das Finanzamt und das BMF aber auch nicht geltend gemacht haben - nicht einzubeziehen. Der Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 stellt insoweit ausdrücklich und unmissverständlich auf die "Anteile" an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft ab.

Es ist entgegen der Auffassung des Finanzamts ausgeschlossen, § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 unter Rückgriff auf § 42 AO a.F. auszulegen bzw. § 42 AO a.F. unmittelbar anzuwenden.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 11. August 2021 (I R 39/18), veröffentlicht am 13. Januar 2022.

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