BMF zum Vorsteuerabzug eines Gesellschafters aus Investitionsumsätzen

In einem aktuellen Schreiben nimmt das Bundesfinanzministerium (BMF) zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11.11.2015 (V R 8/15) Stellung, mit dem der BFH unter Anwendung von EuGH-Entscheidungen entschieden hat, dass dem Gründungsgesellschafter ein Vorsteuerabzug aus den der Gesellschaftsgründung vorgelagerten Eingangsumsätzen nur im Falle eines Investitionsumsatzes zusteht.

Das BFH-Urteil vom 11. November 2015 (V R 8/15)

Maßgeblich für einen Vorsteuerabzug sei, so der BFH in dem damaligen Urteil V R 8/15, zunächst die Verwendungsabsicht der getätigten Umsätze - eine tatsächliche Neugründung sei nicht erforderlich. Voraussetzung: Der Steuerpflichtige entfaltet oder beabsichtigt eine ihm selbst zurechenbare unternehmerische Tätigkeit. Hieran fehle es bei Aufwendungen für eine noch zu gründende GmbH, in der lediglich eine Funktion als Gesellschafter angestrebt werde. Nach der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (EuGH-Urteile vom 29. April 2004, C-137/02, Faxworld, und vom 1. März 2012, C-280/10, Polski Trawertyn) komme ein Vorsteuerabzug nur in Betracht, wenn der zukünftige Gesellschafter Investitionsgüter erwerbe, die später auf die neu gegründete Gesellschaft übertragen werden. Ein Bezug von Beratungsleistungen berechtige daher nicht zum Vorsteuerabzug.

Zwar könne auch ein Gesellschafter den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, wenn er Vermögensgegenstände erwirbt, um diese auf die GmbH zu übertragen (Investitionsumsatz). Somit kommt ein Vorsteuerabzug z.B. dann in Betracht, wenn der Gesellschafter ein Grundstück erwirbt und dann in die GmbH einlegt. Demgegenüber waren die im Streitfall vom Kläger bezogenen Beratungsleistungen nach dem BFH-Urteil nicht übertragungsfähig.

Stellungnahme des BMF zur Anwendung des BFH Urteils vom 11. November 2015

Unter Berücksichtigung der im BFH-Urteil V R 8/15 genannten EuGH-Rechtsprechung kann einem Gesellschafter bzw. einer Vorgründungsgesellschaft unter den übrigen Voraussetzungen der Vorsteuerabzug auch aus einer bezogenen Leistung zustehen, die der Gesellschaft später außerhalb eines Leistungsaustauschs zuwächst. Voraussetzung ist, dass es sich aus Sicht der (geplanten) Gesellschaft um einen Investitionsumsatz handelt und die beabsichtigte Tätigkeit der Gesellschaft einen Vorsteuerabzug nicht ausschließt.

Unter den Begriff Investitionsumsatz fallen dabei Vermögenswerte (bezogene Lieferungen oder sonstige Leistungen), die der Gesellschafter (bzw. die Vorgründungsgesellschaft) tatsächlich an die Gesellschaft überträgt und die von dieser für ihre wirtschaftliche Tätigkeit genutzt werden. Der vom BFH verwendete erläuternde Klammerzusatz „Investitionsgüter“ ist dabei nicht einschränkend so zu verstehen, dass er nur Wirtschaftsgüter umfasst, sondern kann auch sonstige Leistungen umfassen, sofern diese die Voraussetzungen für einen Investitionsumsatz erfüllen.

Das Urteil V R 8/15 ist zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt vorgesehen. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass wird durch das aktuelle Schreiben entsprechend angepasst.

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 12. April 2022, III C 2 - S 7300/20/10001 :005.

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