Keine Zurechnung eines Anteils am Gesamthandsvermögen aufgrund einer Treuhandabrede

Ein Anteil am Vermögen der Gesamthand i.S. des § 6 GrEStG kann auch über eine mehrstöckige Beteiligung vermittelt werden. Bei Treuhandverhältnissen ist der Anteil am Vermögen der Gesamthand dem Treuhänder zuzurechnen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

An der Erwerberin des nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) steuerbar veräußerten Grundstücks (A GmbH & Co. KG als Klägerin) war als Kommanditistin zu 100 % die CT KG beteiligt. Komplementärin ohne Beteiligung am Vermögen war die im Urteilsfall nicht weiter relevante A GmbH. Die Kommanditanteile an der CT KG wiederum gehörten zu 100 % zum zivilrechtlichen Eigentum der CT GmbH. Diese hielt die Anteile als Treuhänderin für die C KG (Treugeberin). Diese war gleichzeitig ohne Beteiligung am Vermögen Komplementärin der CT KG. An der C KG war eine Vielzahl an Kommanditisten beteiligt, nicht aber die Erwerberin A GmbH & Co. KG oder deren Gesellschafterin die CT.

Die Klägerin ging von der Anwendbarkeit der Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach § 6 Abs. 1 und 3 GrEStG (Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand) aus, was das Finanzamt mit der Begründung ablehnte, dass § 6 GrEStG eine unmittelbare Beteiligung voraussetze. Zudem sei ein Treugeber nicht am Vermögen der Gesamthand beteiligt, sondern habe allenfalls gegen den Treuhänder schuldrechtliche Ansprüche.

Die Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf blieb ohne Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht hat zu Recht angenommen, dass durch den Erwerb der Grundstücke am 23. Dezember 2015 der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG verwirklicht wurde und die Voraussetzungen für eine Nichterhebung der Steuer nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG nicht erfüllt sind.

Soweit der BFH auch nach dem Wandel der Rechtsprechung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit einer GbR und der Beteiligung eines Gesamthänders über die Gesamthandsgemeinschaft an deren Vermögen (u.a. BGH, Urteil vom 29. Januar 2001, II ZR 331/00) in Zusammenhang mit §§ 5 und 6 GrEStG begrifflich noch an die "dingliche Mitberechtigung der Gesamthänder am Gesellschaftsvermögen" angeknüpft hat (z.B. BFH, Urteil vom 17. Dezember 2014, II R 24/13, BStBl. II 2015, 504, Rz. 21), hält er hieran nicht mehr fest.

Das Grunderwerbsteuerrecht sieht die Personengesellschaft seit jeher als selbständigen Rechtsträger an (vgl. Meßbacher-Hönsch in Viskorf, 20. Aufl. 2021, GrEStG § 1 Rz. 16). Die grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschriften in §§ 5 und 6 GrEStG erkennen dementsprechend grundsätzlich an, dass bei einem Übergang eines Grundstücks von einzelnen Gesamthändern auf eine Gesamthandsgemeinschaft ein steuerbarer Rechtsträgerwechsel stattfindet, sehen jedoch von der Erhebung der Steuer ab, soweit der Gesamthänder als Veräußerer zunächst Eigentümer des Grundstücks war und dann anteilsmäßig über das Vermögen der Gesamthand beteiligt ist (vgl. BFH-Urteil vom 05. Februar 2020, II R 9/17, BStBl. II 2020, 658, Rz. 26).

Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass aufgrund der gesamthänderischen Verbundenheit der Gesellschafter das Grundstück trotz Rechtsträgerwechsels in demselben grunderwerbsteuerrechtlichen Zurechnungsbereich verbleibt (BFH, Urteil vom 04. April 2001, II R 57/98, BStBl. II 2001, 587, unter II.2.b und BFH, Urteil vom 29. Februar 2012, II R 57/09 BStBl. 2012 II S. 917, Rz. 22).

Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Beteiligung am Vermögen der Gesamthand durch die Beteiligung einer anderen Gesamthand an der ersteren (Zwischengesellschaft) vermittelt wird (BFH, Urteil vom 24. September 1985, II R 65/83, BStBl. II 1985, 714, unter 1.).

Bei doppelstöckigen Gesamthandsgemeinschaften ist daher nicht die Zwischengesellschaft als solche als Zurechnungssubjekt anzusehen, sondern ein Rückgriff auf die am Vermögen der Zwischengesellschaft beteiligten Gesamthänder geboten (BFH, Urteil vom 03. Juni 2014, II R 1/13, BStBl. II 2014, 855, Rz. 15; BFH, Urteil vom 17. Dezember 2014, II R 24/13, BStBl. 2015 II S. 504, Rz. 15, und BFH, Urteil vom 17. Dezember 2014, II R 2/13, BStBl. II 2015, 557, Rz. 20, jeweils m.w.N.).

Ein Treuhandverhältnis allein reicht nicht aus, um einem Treugeber im Rahmen von §§ 5, 6 GrEStG eine Beteiligung am Vermögen einer Gesamthand ‑‑sei es unmittelbar, sei es mittelbar über eine weitere Gesamthand‑‑ zuzurechnen.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 12. Januar 2022 (II R 16/20), veröffentlicht am 07. Juli 2022.

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