Periodenübergreifende Berücksichtigung von Prämien für Glattstellungsgeschäfte bei Optionsgeschäften

Aufwendungen für die den Stillhalterprämien zugehörigen Glattstellungsgeschäfte mindern - in Ausnahme zu dem Zu- und Abflussprinzip - die Einnahmen in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Stillhalterprämien vereinnahmt wurden. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes handelt es sich insoweit um ein rückwirkendes Ereignis.

Hintergrund

Bis zum Jahr 2009 waren Stillhalterprämien nicht bei den Kapitaleinkünften des § 20 Einkommensteuergesetz (EStG) normiert und daher den sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG zuzuordnen. Mit Einführung der Abgeltungsteuer zum 01.01.2009 hat der Gesetzgeber die Besteuerung der Stillhalter- und Glattstellungsgeschäfte in § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG erstmals gesondert geregelt. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören danach Stillhalterprämien, die für die Einräumung von Optionen vereinnahmt werden; schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft ab, mindern sich die Einnahmen aus den Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien. Streitig war, in welchem Veranlagungszeitraum gezahlte Prämien für Glattstellungsgeschäfte im Zusammenhang mit Einnahmen aus Stillhalterprämien bei periodenübergreifenden Optionsgeschäften steuerlich zu berücksichtigen sind. Denn: Bei einer Versteuerung von Stillhalterprämien und Aufwendungen nach dem Zu- bzw. Abflussprinzip kann es sein, dass – wie im Streitfall – Gewinne zu versteuern sind und sich die zugehörigen Aufwendungen hingegen aufgrund des Verrechnungsverbots des § 20 Abs. 6 Sätze 3 und 3 EStG erst in späteren Veranlagungszeiträumen steuerlich auswirken („Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden. 2Die Verluste mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus Kapitalvermögen erzielt“). Das Finanzamt hatte den Abzug der im Jahr 2014 angefallenen Aufwendungen in Bezug auf die in 2012 vereinnahmten Stillhalterprämien abgelehnt. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH gab dem Antrag des Klägers auf periodenübergreifende Berücksichtigung der Prämien statt. Schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft ab, mindern sich die jeweiligen Einnahmen aus Stillhalterprämien - rückwirkend im Jahr deren Bezugs ‑ um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien. Ergibt sich dabei für das einzelne Stillhalter-/Glattstellungsgeschäft ein Verlust (eine negative Differenz), ist dieser abzugsfähig und unterliegt auch nicht dem Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 EStG.

Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass die für das Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien zu einer Einnahmeminderung führen. Denn nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG "mindern sich die Einnahmen aus den Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien". Der Gesetzgeber hat danach im gesetzlichen Tatbestand die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien mit den vereinnahmten Stillhalterprämien verknüpft.

Bei den laufend veranlagten Steuern wie der Einkommensteuer sind zwar die aufgrund des Eintritts neuer Ereignisse materiell-rechtlich erforderlichen steuerlichen Anpassungen regelmäßig nicht rückwirkend, sondern in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem sich der maßgebliche Sachverhalt ändert; dieser Grundsatz ist jedoch nur insoweit maßgebend, als die einschlägigen steuerrechtlichen Regelungen nicht bestimmen, dass eine Änderung des nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalts zu einer rückwirkenden Änderung steuerlicher Rechtsfolgen führt.

Das rückwirkende Ereignis liegt darin, dass die endgültige Höhe der Netto-Einnahmen aus den Stillhalterprämien nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG erst dann feststeht, wenn die Prämien aus dem dazugehörigen Glattstellungsgeschäft von diesen abgezogen werden; das Stillhalter- und das jeweilige Glattstellungsgeschäft stehen insoweit in einem wirtschaftlichen Zusammenhang.

Ohne Rückwirkung, so der BFH abschließend, wäre es beispielsweise denkbar, dass Einnahmen aus Stillhalterprämien im Veranlagungszeitraum 01 voll besteuert werden, obgleich im Veranlagungszeitraum 02 in derselben Höhe im Glattstellungsgeschäft gezahlte Prämien anfallen, um das Stillhaltergeschäft wieder zu schließen, und diese Prämien - mangels entsprechender Einkünfte aus Kapitalvermögen - wegen des Verlustverrechnungsverbots nach § 20 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 EStG nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden dürfen und somit unberücksichtigt blieben.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 2. August 2022 (VIII R 27/21), veröffentlicht am 29. September 2022.

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