Update: EuGH zur Aufteilung des Entgelts bei der steuerfreien Mitverpachtung von Betriebsvorrichtungen

Der EuGH muss auf Vorlage des Bundesfinanzhofes klären, ob die Überlassung von auf Dauer eingebauten Betriebsvorrichtungen in Zusammenhang mit einer steuerfreien Verpachtung umsatzsteuerpflichtig oder umsatzsteuerfrei ist. In seinen Schlussanträgen plädiert der Generalanwalt für eine einheitliche Steuerbefreiung: Die Steuerbefreiung gelte auch für die Verpachtung von Vorrichtungen und Maschinen, sofern diese als Nebenleistung zur Verpachtung des Gebäudes überlassen werden.

Hintergrund

Der EuGH hatte auf Vorlage des Bundesfinanzhofes zu klären, ob die Überlassung von auf Dauer eingebauten Betriebsvorrichtungen in Zusammenhang mit einer steuerfreien Verpachtung umsatzsteuerpflichtig ist und als Folge das einheitliche Entgelt pauschal aufgeteilt werden muss oder ob die Leistung insgesamt umsatzsteuerfrei ist. Der BFH wollte u.a. die unterschiedlichen Sprachfassungen in Art. 135 Abs. 1 und 2 MwStRL geklärt wissen: In Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL ist die Vermietung und Verpachtung befreit und in Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL davon aber nur die Vermietung ausgenommen.

Mehr zum BFH-Vorlagebeschluss in unserem Blogbeitrag vom 27. Mai 2022.

Schlussanträge

Die deutsche Regierung und auch die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht.

Der Generalanwalt (GA) geht in seinen Schlussanträgen davon aus, dass Art. 135 Abs. 1 Buchst. l und Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der MwStRL dahin auszulegen sind, dass die Steuerbefreiung der Verpachtung eines Stallgebäudes zur Tierzucht auch für die Verpachtung von Vorrichtungen und Maschinen, die auf die Funktion des Gebäudes als Zuchtstall abgestimmte Ausstattungselemente darstellen, gilt, sofern diese Vorrichtungen und Maschinen als Nebenleistung zur Verpachtung des Gebäudes überlassen werden.

Nach Dafürhalten des GA handelt es sich um eine insgesamt einheitliche Leistung. Entgegen der von der deutschen Regierung vertretenen Auffassung schließe das in den Abs. 1 und 2 des Art. 135 der MwStRL angesprochene Verhältnis zwischen Steuerbefreiung und Ausnahme von der Befreiung es grundsätzlich nicht aus, einen Umsatz als „einheitlich“ zu qualifizieren, auch wenn er sich aus einem steuerfreien und einem mehrwertsteuerpflichtigen Element zusammensetzen sollte. Seines Erachtens handelt es sich bei Art. 135 Abs. 2 MwStRL entgegen dem Vorbringen der deutschen Regierung eindeutig um keine zwingende Aufteilungsklausel.

Der GA ist weiter der Ansicht, dass ein Pachtvertrag, bei dem die Leistung des Eigentümers stets passiv, durch bloßen Zeitablauf, zu erfolgen scheint, keine andere Leistung beinhaltet, als die verpachtete Immobilie dem Pächter zu überlassen, selbst wenn sie mit mehreren für ihren Verwendungszweck nützlichen Anlagen ausgestattet ist. Dies sei gestützt auf die EuGH-Rechtsprechung im Urteil vom 19. Dezember 2018 C‑17/18 Mailat. Dort waren die mit der Immobilie gleichzeitig vermieteten Inventargegenstände ebenso wie die Immobilie für den Betrieb eines Restaurants bestimmt, weshalb nicht angenommen werden konnte, dass mit dieser Vermietung/Übereignung ein eigener Zweck verfolgt wurde; sie stellte sich vielmehr als Mittel dar, um die in der Verpachtung der Immobilie bestehende Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

Update (29. Juni 2023):

Der PwC Newsletter Umsatzsteuer aktuell befasst sich in der Ausgabe 3 vom Juni 2023 ausführlich mit den Auswirkungen dieses EuGH-Urteils, sowie einer Einschätzung der Folgen dieses Urteils im Hinblick auf das noch zu treffende Schlussurteil des Bundesfinanzhofs.

Update (8. Mai 2023) zum Urteil des EuGH

Der EuGH folgte der Einschätzung des GA und entschied mit Urteil vom 4. Mai 2023, dass Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie - wonach u.a. die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken steuerbefreit ist, die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen hingegen nicht - dahin auszulegen ist, dass er auf die Vermietung auf Dauer eingebauter Vorrichtungen und Maschinen dann keine Anwendung findet, wenn diese Vermietung eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes ist, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen und nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l dieser Richtlinie steuerbefreiten Pachtvertrags erbracht wird, und diese Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden.

Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie stelle keine Bestimmung dar, aus der sich ein Erfordernis ergäbe, einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang in eigenständige Leistungen aufzuteilen. Vielmehr ergebe sich aus der EuGH-Rechtsprechung, dass verschiedene Leistungen, die eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellen, hinsichtlich der Mehrwertsteuer derselben Regelung unterliegen.

Es sei letztlich Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die betreffenden Leistungen, wie es für den EuGH nahe zu liegen scheint, eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellen. Sodann sei es ebenfalls Sache des nationalen Gerichts, zu bestimmen, ob es sich bei den Leistungen, die eine solche wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden, um eine Hauptleistung oder eine Nebenleistung handelt.

Fundstelle

EuGH, Schlussanträge vom 8. Dezember 2022 in der Rechtssache C-516/21 Finanzamt X (Outillages und machines fixés à demeure)

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