Zulässigkeit der Erweiterung einer Anschlussprüfung

Die Erweiterung einer zulässigen ersten Anschlussprüfung von einem auf drei Jahre bedarf keiner besonderen Begründung. Für die gerichtliche Überprüfung von Ermessensentscheidungen sind nach einem Beschluss des BFH auch bei Prüfungsanordnungen die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich.

Hintergrund

Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 15.11.2013 fand bei der Klägerin eine zweite Außenprüfung für die Jahre 2008 und 2009 statt. Noch während diese Prüfung andauerte, erging am 01.12.2015 eine weitere Prüfungsanordnung für die Jahre 2010 bis 2012, die die Klägerin anfocht. Im anschließenden Klageverfahren nahm sie die Klage hinsichtlich der Anfechtung der Anordnung einer steuerlichen Außenprüfung für das Jahr 2010 zurück; das Verfahren wurde insoweit eingestellt. Das Finanzgericht gab der Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 21.02.2017 - 6 K 6153/16 statt und hob die Prüfungsanordnung hinsichtlich der Jahre 2011 und 2012 auf.

Mit der weiteren Prüfungsanordnung vom 04.12.2017 verfügte das Finanzamt, dass die am 01.12.2015 angeordnete Außenprüfung (für das Jahr 2010) auf die Jahre 2011 und 2012 erweitert werde. Es sei - so die Begründung - mit nicht unerheblichen Steuernachforderungen zu rechnen. Die im Rahmen der Prüfung der Jahre 2008 und 2009 festgestellten Mängel der Ordnungsgemäßheit der Buchführung hätten sich auch für den Zeitraum 2010 bestätigt. Entsprechende steuerliche Würdigungen seien daher für die Jahre 2011 und 2012 ebenso wenig auszuschließen. Die Klägerin legte hiergegen am 18.12.2017 Einspruch ein. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung des BFH

Die Revision hatte vor dem BFH in der Sache keinen Erfolg. Das Finanzgericht habe zu Recht festgestellt, dass es sich bei der Prüfung der Jahre 2010 bis 2012 um eine zulässige erste Anschlussprüfung handelte, die den nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Betriebsprüfungsordnung 2000 (BpO 2000) maximal zulässigen Prüfungszeitraum von drei Jahren nicht überschritt. Das Finanzgericht hatte insoweit richtig entschieden, dass es grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung ankommt, so dass eine Erweiterung von einem auf drei Jahre vorliegt und es keiner besonderen Begründung (mehr) bedarf.

Ob und in welchem Umfang bei einem Steuerpflichtigen nach § 193 der Abgabenordnung (AO) eine Außenprüfung angeordnet wird, ist eine Ermessensentscheidung, die vom Gericht nur darauf zu prüfen ist, ob die gesetzlichen Grenzen der Ermessensvorschrift eingehalten wurden und ob die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen unter Beachtung des Gesetzeszwecks (§ 5 AO) fehlerfrei ausgeübt hat.

Da bei der Klägerin aufgrund der Anordnung vom 15.11.2013 die Jahre 2008 bis 2009 geprüft wurden, handelt es sich bei der am 01.12.2015 bestandskräftig angeordneten Prüfung des Jahres 2010 um eine erste Anschlussprüfung. Die dagegen gerichtete Klage wurde von der Klägerin zurückgenommen, so dass insoweit eine bestandskräftige Prüfungsanordnung vorliegt. Die Erweiterung des Prüfungszeitraums dieser ersten Anschlussprüfung durch die Prüfungsanordnung vom 04.12.2017 ist rechtmäßig.

Dem Erlass der streitgegenständlichen Anordnung der Erweiterung des Prüfungszeitraums vom 04.12.2017 steht die Rechtskraft des Urteils vom 21.02.2017 - 6 K 6153/16 nicht entgegen. Das Finanzgericht hat damit zwar die vorausgegangene Prüfungsanordnung vom 15.11.2013 hinsichtlich des hier gleichfalls betroffenen Prüfungszeitraums der Jahre 2011 und 2012 aufgehoben. Dies ist jedoch allein deswegen geschehen, weil Gründe für die Erweiterung des Prüfungszeitraums i.S. des § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO 2000 nicht vorgebracht worden waren. Nur auf diese Begründung erstreckt sich die Rechtskraft dieses Urteils.

Fundstelle

BFH, Beschluss vom 03. August 2022, XI R 32/19 – veröffentlicht am 22. Dezember 2022.

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