Körperschaftsteuerbefreiung für Arbeitsgemeinschaften

Eine nicht in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtete Arbeitsgemeinschaft nimmt die ihr durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben wahr, wenn ihre Leistungen bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art erbracht werden. Dies hat der Bundesfinanzhof in einem kürzlich veröffentlichten Urteil hinsichtlich der im Streitfall beantragten Befreiung von der Körperschaftsteuer entschieden.

Hintergrund

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 21 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) sind insbesondere "die nicht in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichteten Arbeitsgemeinschaften Medizinischer Dienst der Krankenversicherung im Sinne des § 278 SGB V" von der Körperschaftsteuer befreit, "soweit sie die ihnen durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben wahrnehmen".

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Im Jahr 2004 beauftragte der MDK des Bundeslandes A (MDK-A) den Verein, entgeltlich die Gutachtenakten des MDK-A zu archivieren und zu digitalisieren. Lagerung und Digitalisierung durfte der Verein ausdrücklich nur durch sein eigenes Personal durchführen lassen.

Das Finanzamt setzte dem Verein gegenüber Körperschaftsteuer fest, weil die Archivierungsleistungen gegenüber dem MDK-A steuerpflichtig seien. Das Finanzgericht hatte die wegen Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer erhobene Klage abgewiesen. Im zunächst vor dem XI. Senat des BFH anhängigen Revisionsverfahren trennte dieser das Verfahren wegen Körperschaftsteuer ab, gab es zuständigkeitshalber an den V. Senat des BFH ab und wies die Revision gegen das Finanzgericht-Urteil zur Umsatzsteuer als unbegründet zurück; hierzu: BFH-Urteil vom 21.04.2021 - XI R 31/20 (XI R 34/18).

Zur Frage der Körperschaftsteuerbefreiung im hier interessierenden Streitfall hatte das Finanzgericht ausgeführt, dass § 5 Abs. 1 Nr. 21 KStG nicht erfüllt sei, wenn Aufgaben wahrgenommen würden, die einem anderen MDK zugewiesen seien.

Entscheidung des BFH

Der BFH hält die Revision der Klägerin für begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das Finanzgericht.

Bei der Prüfung, ob und inwieweit "durch Gesetz zugewiesene Aufgaben" wahrgenommen werden, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob diese Leistungen bei einer Erbringung durch einen als Körperschaft des öffentlichen Rechts konstituierten MDK zu einem körperschaftsteuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG) führen oder im Rahmen eines sog. Hoheitsbetriebs erfolgen, der allerdings dann nicht vorliegt, wenn sich eine Tätigkeit ihrem Inhalt nach von der Tätigkeit eines privaten gewerblichen Unternehmens nicht wesentlich unterscheidet.

Dieser Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 21 Satz 1 KStG stehe das o.g. BFH-Urteil XI R 31/20 (XI R 34/18), nach dem die Leistungen des Vereins nicht nach § 4 Nr. 15a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) umsatzsteuerfrei sind, nicht entgegen. § 4 Nr. 15a UStG verwendet zwar eine § 5 Abs. 1 Nr. 21 Satz 1 KStG entsprechende Formulierung, indem er auf die auf Gesetz beruhenden Leistungen der MDK und des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände abstellt. Die umsatzsteuerliche Beurteilung orientiert sich aber an Maßstäben, die für das Körperschaftsteuerrecht ohne Bedeutung sind in (Rz. 16 im Urteil).

Im Übrigen habe das Finanzgericht, so der BFH, eine Körperschaftsteuerbefreiung ohne die erforderliche Prüfung der Frage abgelehnt, ob die Leistungen der Klägerin bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art erbracht würden. Die Sache ist daher nicht spruchreif.

Ob die Archivierungsleistungen des Vereins indes im Rahmen einer Einrichtung i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG (Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts) und entsprechend einer Auftragsdatenverarbeitung erfolgten, hat das Finanzgericht nicht festgestellt. Sollte dies der Fall sein, wäre im zweiten Rechtsgang zu berücksichtigen, dass zwar nach § 80 SGB X vorrangig öffentliche Stellen für eine solche Datenverarbeitung beauftragt werden. Es können aber auch unter den, erheblich einschränkenden, Voraussetzungen des § 80 Abs. 5 SGB X nicht-öffentliche Stellen die Auftragsdatenverarbeitung durchführen.

Sollte das Finanzgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Leistungen des Vereins grundsätzlich von der Körperschaftsteuerbefreiung umfasst werden, ist weiter zu prüfen, so der BFH, ob das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung der in § 5 Abs. 1 Nr. 21 Satz 1 KStG genannten Zwecke verwendet werden.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 15. Dezember 2022 (V R 12/21), veröffentlicht am 6. April 2023.

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