Heilung eines "fehlerhaften" Gewinnabführungsvertrages

Der Eintritt der Heilungswirkung nach den Übergangsregelungen in § 17 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs. 10b Satz 2 und 3 KStG n.F. zum gesetzlichen Erfordernis des dynamischen Verweises auf § 302 AktG (§ 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG n.F.) hängt vom Verhalten des Steuerpflichtigen ab. Deshalb tritt bei Beendigung der steuerlichen Organschaft vor dem 01.01.2015 die Heilungswirkung gemäß § 34 Abs. 10b Satz 3 KStG n.F. nicht ein, wenn der Steuerpflichtige durch eine nach außen erkennbare Handlung den Willen äußert, eine Heilung des "fehlerhaften" Gewinnabführungsvertrages nicht herbeiführen, sondern die Rechtsfolgen des "fehlerhaften" Gewinnabführungsvertrages tragen zu wollen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft, hielt sämtliche Anteile der in den Jahren 2007 bis 2011 (Streitjahre) unter A GmbH (GmbH) firmierenden Beigeladenen. Die GmbH hielt Beteiligungen an inländischen Personengesellschaften, und zwar der B GmbH & Co. KG sowie der C GmbH & Co. KG (Enkelgesellschaften).

Die GmbH schloss als Organgesellschaft im Jahr 2004 mit der Klägerin als Organträgerin einen Ergebnisabführungsvertrag (EAV) für eine feste Laufzeit von fünf Jahren ab, der erstmals zum 31.05.2008 gekündigt werden konnte (bei Nichtkündigung sollte sich der Vertrag auf unbestimmte Dauer verlängern).

Mit dem Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 09.12.2004 (BGBl I 2004, 3214) fügte der Gesetzgeber mit einem neuen Absatz 4 eine Verjährungsregelung in § 302 des Aktiengesetzes (AktG) ein. Der EAV wurde von den Vertragsparteien nicht angepasst.

Ihren Gewinn ermittelten die Klägerin und die GmbH durch Bestandsvergleich auf der Grundlage eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres (vom 01.06 bis 31.05.). In den Steuererklärungen der Streitjahre erfasste die Klägerin jeweils Gewinnabführungen der GmbH. Die GmbH erklärte spiegelbildlich jeweils ein Einkommen von 0 €.

Mit Schreiben vom 20.04.2012 kündigte die Klägerin den EAV zum 31.05.2012; die Aufhebung des EAV wurde im Handelsregister eingetragen.

Im Zuge von Außenprüfungen bei der Klägerin und der GmbH wurden unter anderem der Ansatz von Gewerbesteuermessbeträgen aus Beteiligungen an den Enkelgesellschaften (im Zusammenhang mit der Gewährung der Steuerermäßigung gemäß § 35 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung) beanstandet. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe zu einer den Verhältnissen des Streitfalles vergleichbaren Konstellation dahin erkannt, dass der "Durchleitung" anteiliger Gewerbesteuermessbeträge von nachgeordneten Personenuntergesellschaften durch eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft deren Abschirmwirkung entgegenstehe (BFH-Urteile vom 22.09.2011 - IV R 3/10 und IV R 42/09). Dies gelte auch dann, wenn die Kapitalgesellschaft organschaftlich mit der Personenobergesellschaft als Organträgerin verbunden sei.

Die Klägerin wandte daraufhin ein, dass die Organschaft zwischen ihr und der GmbH nicht anzuerkennen sei, weil der EAV keinen Verweis auf § 302 Abs. 4 AktG enthalte. Einkommen und Gewerbeertrag der GmbH seien ihr daher nicht zuzurechnen.

Die Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Das Finanzgericht hat rechtsfehlerhaft entschieden, dass zwischen der Klägerin und der GmbH in den Streitjahren 2007 bis 2011 auf der Grundlage der 2013 in das Gesetz eingefügten Heilungsregelung eine steuerrechtlich anzuerkennende Organschaft bestanden hat.

Der EAV enthielt keine Verjährungsregelung, die der im Dezember 2004 eingeführten Verjährungsvorschrift des § 302 Abs. 4 AktG entsprochen hat.

Entgegen der Auffassung des FG ist der fehlerhafte EAV nicht durch die gesetzlichen Übergangsregelungen geheilt worden. Eine steuerrechtlich anzuerkennende Organschaft zwischen der Klägerin und der GmbH hat daher in den Streitjahren nicht bestanden.

Da der streitgegenständliche EAV zum 31.05.2012 wirksam gekündigt und die Organschaft dadurch beendet wurde, ist das FG unter Verweis auf Satz 3 des § 34 Abs. 10b KStG n.F. von einer rückwirkenden Heilung des fehlerhaften EAV ausgegangen. Dem ist nicht zu folgen. Denn Satz 3 ist lediglich eine Ergänzung des Satzes 2 ("Für die Anwendung des Satzes 2 ..."), der den Grundtatbestand der Heilung beinhaltet und dabei den Eintritt der Heilungswirkung vom Verhalten des Steuerpflichtigen abhängig macht. Dann muss aber auch für den Fall, dass ein Steuerpflichtiger, der die Organschaft bereits vor der gesetzlichen Neuregelung beendet hatte, mittels Einlegung von Rechtsbehelfen ausdrücklich dem möglichen Eintritt einer Heilungswirkung widerspricht, Rechnung getragen werden (keine nachträgliche Anerkennung der Organschaft).

Fundstelle

BFH, Urteil vom 3. Mai 2023 (I R 7/20), veröffentlicht am 13. Juli 2023.

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