Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 5 KStG bei verdeckten Einlagen in Dreiecksverhältnissen

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat sich der Auffassung des BFH in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2018, I R 94/15 angeschlossen und entschieden, dass es an einer "Nichtberücksichtigung" i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 5 KStG fehlt, wenn eine vGA bei der Veranlagung des Gesellschafters formal zwar nicht erfasst wurde, jedoch nach § 8b Abs. 1 KStG ohnehin außer Ansatz geblieben wäre. Insoweit spricht sich das Finanzgericht ausdrücklich gegen die gegenteilige Auffassung des BMF vom 18. November 2020 aus, wonach bereits eine rein hypothetische Erfassung und Steuerfreistellung der vGA nach § 8b Abs. 1 KStG das Tatbestandsmerkmal der "Nichtberücksichtigung" i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 5 KStG erfüllt.

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt seit 2012 in eine Spielhalle. Anteilseigner sind jeweils zu 50 % die C-GmbH (bis 31.5.2021: D-GmbH) und Frau E…, deren Anteile treuhänderisch von der C-GmbH gehalten werden. C-GmbH ist 100-prozentige Tochter der F-GmbH. Die F-GmbH und die nachfolgend erwähnte H-GmbH sind 100-prozentige Töchter eines aus mehreren Vermögensverwaltungsgesellschaften bestehenden Konsortiums.

Bis zum 31.12.2011 wurde die Spielhalle von der I-GmbH betrieben. Das Stammkapital der I-GmbH betrug 25.000 €. Die Klägerin veräußerte mit Vertrag vom 21.12.2009 ihre wesentlichen Wirtschaftsgüter für 500.000 EUR an die I-GmbH. Die H-GmbH wiederum veräußerte mit Vertrag vom 21.12.2010 ihre Anteile an der I-GmbH zu einem Kaufpreis von 25.000 EUR an die Klägerin.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der Klägerin vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass der Verkauf der Geschäftsanteile an der I-GmbH an die Klägerin einem Fremdvergleich nicht standhalte. Der Klägerin sei vielmehr ein Vorteil i.H.v. 519.000 EUR zugewendet worden, der sich aus der Differenz zwischen einem Mittelwert der Bewertung der Anteile i.H.v. 544.000 EUR und dem Kaufpreis i.H.v. 25.000 EUR ergebe. Die Vorteilszuwendung stamme von einer dem Gesellschafter nahestehenden Person, da die veräußernde H-GmbH eine Schwestergesellschaft der F-GmbH gewesen sei. Aufgrund dieser Vorteilszuwendung sei von einer vGA der H-GmbH an die Muttergesellschaft gefolgt von einer vE durch die Kette in die Klägerin auszugehen (sog. "Dreieckstheorie").

Zwar sei grundsätzlich die vE i.R.d. Einkommensermittlung gem. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG auf Ebene der Klägerin wieder zu neutralisieren. Jedoch gelte dies gem. § 8 Abs. 3 Satz 5 KStG nur, soweit die vGA bei der dem Gesellschafter nahestehenden Person (hier: der H-GmbH) das Einkommen nicht gemindert habe. Nach Auffassung des Finanzamts wurde eine vGA bei der H-GmbH nicht berücksichtigt, weshalb der Gewinn der Klägerin um die Vorteilszuwendung i.H.v. 519.000 EUR zu erhöhen sei.

Dem entgegnete die Klägerin, dass selbst wenn eine vGA anzunehmen wäre, die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 5 KStG bereits deshalb scheitere, weil die Gewinnausschüttung bei der Muttergesellschaft nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG steuerfrei gewesen wäre. Nach dem BFH-Urteil vom 13.6.2018, I R 94/15 sei unerheblich, ob die vGA nicht angesetzt wurde oder formal zwar erfasst und aufgrund ihrer Steuerfreiheit wieder vom Gewinn abgezogen worden sei. Unerheblich sei auch, dass 5% der vGA als nichtabziehbare Betriebsausgaben gelten.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass das Finanzamt zu Unrecht das Einkommen der Klägerin um eine vE i.H.v. 519.000 EUR erhöht hat. Entgegen der Auffassung des Finanzamts seien weder die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG noch die des Satzes 5 erfüllt (Rn. 16 f.).

Der Verkauf der Anteile an der I-GmbH durch die H-GmbH an die Klägerin habe zwar eine vGA an die gemeinsame Muttergesellschaft ausgelöst, die wiederum über die F-GmbH und C-GmbH eine (mittelbare) vE bei der Klägerin auslöste (Rn. 18 und 22). Entgegen der Auffassung des Finanzamts sei jedoch § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG nicht erfüllt, da sich das Einkommen des Gesellschafters der Klägerin (hier: der C-GmbH) durch die vE nicht gemindert hat (Rn. 24). Ebenso sei § 8 Abs. 3 Satz 5 KStG nicht erfüllt. Zwar sei die vGA bei der gemeinsamen Muttergesellschaft nicht erfasst worden, wäre dort gem. § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG aber ohnehin steuerfrei gewesen (Rn. 26).

Weiter seien entgegen der Auffassung des Finanzamts die Voraussetzungen des § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG, wonach die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG u.a. für Bezüge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG nur dann gilt, wenn die Bezüge das Einkommen der leistenden Körperschaft (hier: der H-GmbH) nicht gemindert haben, nicht erfüllt. Denn der Gewinn aus einem dem Fremdvergleich entsprechend bepreisten Verkauf der Anteile an der I-GmbH wäre ohnehin bei der H-GmbH aufgrund von § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen. Folglich komme eine Versteuerung der vGA bei der Muttergesellschaft nicht in Betracht (Rn. 27).

Die Auffassung des BFH in seiner Entscheidung vom 13.6.2018, I R 94/15 wird durch das Finanzgericht somit bestätigt. Denn es sei unschädlich, wenn die vGA auf Ebene der Muttergesellschaft formal nicht erfasst worden sei, da diese dort ohnehin steuerfrei gewesen wäre. Insoweit folgt das Finanzgericht explizit nicht der gegenteiligen Auffassung des BMF vom 18.11.2020 (siehe unseren Blogbeitrag), wonach die Nichterfassung der vGA trotz Steuerfreistellung der vGA nach § 8b Abs. 1 KStG das Tatbestandsmerkmal der "Nichtberücksichtigung" i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 1 KStG erfülle (Rn. 28 f.).

Im Übrigen sind die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 5 KStG auch deswegen nicht erfüllt, weil die vGA bei der leistenden Kapitalgesellschaft (hier: der H-GmbH) das Einkommen nicht gemindert habe, da der (durch die vGA erhöhte) Veräußerungsgewinn nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei ist. (Rn. 30).

Fundstelle

Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. November 2022 (8 K 8111/21); rkr.

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