Keine gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos bei rechtsfähigen privaten Stiftungen

Da der Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG keine Vermögensmassen erfasst, fehlt für rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts eine Rechtsgrundlage zur gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts, wurde im Jahr 2010 durch den Stifter X gegründet. Stiftungszweck ist die Förderung der eigenen Familie des X (Familienstiftung).

Mit der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2013 (Streitjahr) reichte die Klägerin eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG) zum 31.12.2013 ein.

Das Finanzamt lehnte die Feststellung eines Bestands des steuerlichen Einlagekontos ab, da die Rechtsform der Stiftung nicht vom Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG erfasst werde. Zudem fehle ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis zwischen Stiftung und Stifter. Die Stiftung gewähre keine Mitgliedschaftsrechte, die einer kapitalmäßigen Beteiligung am Vermögen der Stiftung gleichstünden. Ein Einspruch blieb erfolglos.

Die Klage vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht verpflichtete das Finanzamt, den Bestand des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12.2013 mit 0 € gesondert festzustellen.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Das Finanzgericht ist zu Unrecht von einem Anspruch der Klägerin auf Erlass eines Bescheids über die gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2013 ausgegangen. Vielmehr ist eine gesonderte Feststellung des Einlagekontos für rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts nach der im Streitjahr maßgebenden Rechtslage ausgeschlossen.

Nach § 27 Abs. 7 KStG gelten die Regelungen der Absätze 1 bis 6 der Vorschrift sinngemäß für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder Nr. 10 EStG gewähren können. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG erfasst unter anderem auch Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG, die mit Gewinnausschüttungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sind.

Nach der Rechtsprechung des BFH sind diese Voraussetzungen im Fall einer rechtsfähigen privaten Stiftung des bürgerlichen Rechts jedenfalls dann erfüllt, wenn die Leistungsempfänger der Stiftung (Destinatäre) unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen können (BFH, Urteil vom 3.11.2010, I R 98/09).

Die Klägerin ist keine Kapitalgesellschaft im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG, sondern eine rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts im Sinne der §§ 80 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), die nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG als sonstige juristische Person des privaten Rechts der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegt.

Darüber hinaus wird die Klägerin auch nicht vom Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG erfasst. Diese Vorschrift sieht eine sinngemäße Anwendung von § 27 Abs. 1 bis 6 KStG nur für andere unbeschränkt steuerpflichtige "Körperschaften und Personenvereinigungen" vor. Rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts sind aber weder Körperschaften noch Personenvereinigungen, sondern gehören zu den Vermögensmassen, die der Gesetzgeber grundsätzlich von Körperschaften und Personenvereinigungen abgrenzt (z.B. in § 1 Abs. 1 KStG und in § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG).

Das Finanzgericht hatte (mit der herrschenden Meinung in der Literatur) seine Auffassung, dass § 27 Abs. 7 KStG auch rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts erfasst damit begründet, dass diese Stiftungen an ihre Destinatäre Leistungen erbringen könnten, die nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG steuerpflichtig seien. Da diese Vorschrift auch auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG Bezug nehme, müssten Stiftungen ein steuerliches Einlagekonto führen. Die Nichterwähnung der Vermögensmassen in § 27 Abs. 7 KStG sei ein Versehen des Gesetzgebers. Diese Gesetzeslücke sei zu schließen, da es ansonsten ‑dem Zweck des § 27 Abs. 7 KStG widersprechend‑ zu einer systemwidrigen Besteuerung der Auskehrung von Einlagen käme. Der Gesetzgeber habe durch die Einbeziehung der Stiftungen in § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG aber gerade deren Gleichbehandlung mit Kapitalgesellschaften und ihren Anteilseignern angestrebt (BTDrucks 14/2683, S. 114).

Der BFH folgt dieser Auffassung ausdrücklich nicht. Entscheidend sei, dass die Ausdehnung des persönlichen Anwendungsbereichs der gesonderten Feststellung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG auf rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts ‑wie bereits ausgeführt‑ dem klaren Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG widerspricht. Allein der Umstand, dass Leistungen der Klägerin zu Einkünften im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG führen können, reicht nach Ansicht des BFH nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG gerade nicht aus, um ein gesondertes Feststellungsverfahren durchzuführen.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 17. Mai 2023 (I R 42/19), veröffentlicht am 12. Oktober 2023, siehe auch das im Wesentlichen inhaltsgleiche Urteil I R 46/21 vom selben Tag.

Eine englische Zusammenfassung dieser Urteile finden Sie hier.

To the top