Unionsrechtmäßigkeit der Fondsbesteuerung nach dem InvStG 2004

Ein nach luxemburgischem Recht errichteter Fonds für gemeinsame Anlagen (fonds commun de placement) in der Ausgestaltung eines spezialisierten Anlagefonds (fonds d'investissement spécialisé) kann als Zweckvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes zu qualifizieren sein und mit seinen inländischen Einkünften der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Bei dem Streitfall handelt es sich um das Verfahren, das Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens des Senats an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vom 18.12.2019, I R 33/17 (siehe unseren Blogbeitrag) und des sich anschließenden EuGH-Urteils L Fund vom 27.04.2023, C-537/20 (siehe unseren Blogbeitrag) gewesen ist.

In dem Verfahren klagte der Subfonds eines nach Luxemburger Recht errichteter geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform eines fonds commun de placement (FCP), ausgestaltet als spezialisierter Anlagefonds (fonds d´investissement spécialisé, -SIF-), mit Einkünften aus der Vermietung und der Veräußerung inländischer Immobilien auf Gewährung der Steuerbefreiung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Investmentsteuergesetz (InvStG). Der Kläger hat zwei institutionelle Anleger, die weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung in Deutschland haben. Verwaltet wird der Fonds durch eine Managementgesellschaft mit Sitz in Luxemburg. Der Kläger verwies auf eine Diskriminierung beschränkt steuerpflichtiger Investmentfonds. In dem Verfahren ist darüber hinaus die Körperschaftsteuersubjektfähigkeit des Klägers strittig.

Das Finanzgericht Münster hatte zum einen die inländische Steuerpflicht bejaht und einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verneint.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Nach den Maßstäben des innerstaatlichen Rechts unterliegt der Kläger der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht. Dem Kläger ist jedoch aus unionsrechtlichen Gründen die Steuerbefreiung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 des Investmentsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (InvStG 2004) zu gewähren.

Die Voraussetzungen für die Anwendung der in § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 enthaltenen Steuerbefreiung zugunsten des Klägers sind nach dem Wortlaut der Vorschrift zwar nicht erfüllt. Denn danach ist nur das in Satz 1 der genannten Regelung angesprochene inländische Sondervermögen von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer befreit.

Allerdings hat der für die Auslegung des Unionsrechts zuständige EuGH mit dem aufgrund des Vorlagebeschlusses des Senats im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ergangenen Urteil L Fund vom 27.04.2023, C-537/20 entschieden, dass Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ‑AEUV‑ (Amtsblatt der Europäischen Union 2008, Nr. C 115, 47) dahin auszulegen ist, dass er den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach denen gebietsfremde Spezialimmobilienfonds für Immobilieneinkünfte, die sie auf dem Staatsgebiet dieses Mitgliedstaats beziehen, teilweise körperschaftsteuerpflichtig sind, gebietsansässige Spezialimmobilienfonds hingegen von dieser Steuer befreit sind.

Damit ist dem Kläger aus unionsrechtlichen Gründen die Steuerbefreiung des § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 einzuräumen. Entgegen der Auffassung des BMF kann die Gewährung der Steuerbefreiung nicht von der Voraussetzung abhängig gemacht werden, dass es zu einer mit inländischen Strukturen vergleichbaren Anlegerbesteuerung kommt.

Gemessen an der Vorabentscheidung des EuGH kann kein Zweifel bestehen, dass der EuGH den Ausschluss des Klägers von der Steuerbefreiung des § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 als einen Verstoß gegen die unionsrechtlich verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit erachtet hat. Die dagegen gerichteten Einwendungen des BMF bleiben ohne Erfolg.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 11. Oktober 2023 (I R 23/23 (I R 33/17)), veröffentlicht am 1. Februar 2024.

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