Fehlerhafte Einordnung der Zollbehörde führt zu Zinsanspruch

Eine unzutreffende Auslegung des Zollkodexes durch die nationale Zollbehörde führt zu einer Verzinsung von daraus entstandenen Rückzahlungsansprüchen. Dies hat das Hessische Finanzgericht in einem aktuellen Urteil entschieden.

Hintergrund

Hintergrund der Entscheidung ist, dass das Zollrecht immer dann zum Tragen kommt, wenn Waren über eine Zollgrenze transportiert werden. Die Europäische Union hat dafür den Unionszollkodex geschaffen, der bestimmt, für welche Produkte oder Waren welche Zölle gelten. Die Vorschriften des Unionszollkodexes wirken in den Mitgliedstaaten verbindlich und unmittelbar.

Sofern einzelne Zollvorschriften eines Mitgliedstaates vom Unionszollkodex abweichen, dürfen sie nicht angewandt werden. So wird sichergestellt, dass Zollfragen EU-weit immer gleichbehandelt werden.

Sachverhalt

Geklagt hatte im Streitfall eine Firma, die Unterhaltungselektronik importiert und vertreibt.

Für bestimmte Geräte setzte die beklagte Zollbehörde nach entsprechender Begutachtung Einfuhrabgaben fest. Diese mussten nach jahrelangen Streitigkeiten über die zutreffende rechtliche Beurteilung der Waren im Ergebnis zu Gunsten der Klägerin erstattet werden. Eine Verzinsung der erstatteten Beträge lehnte die beklagte Behörde ab.

Richterliche Entscheidung

Das Hessische Finanzgericht hat entschieden, dass der Klägerin eine Verzinsung nach dem Recht der Europäischen Union zusteht. 

Die Verzinsung von Erstattungsansprüchen sei im nationalen Recht in den §§ 233 ff. der Abgabenordnung abschließend geregelt und ermögliche neben nationalen Zinsregelungen auch eine Verzinsung von Erstattungsansprüchen nach dem Recht der EU. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) gewähre in ständiger Rechtsprechung eine entsprechende Verzinsung bei einer fehlerhaften Umsetzung von Unionsrecht. Im Jahr 2022 sei diese Rechtsprechung auch auf jegliche Fehler in der Rechtsanwendung ausgeweitet worden.

Ein Anspruch auf „Zinseszinsen“ bzw. Verzugszinsen sei jedoch nicht gerechtfertigt. Der unionsrechtliche Zinsanspruch fordere lediglich einen Ausgleich für das Vorenthalten des erstatteten Geldbetrages, nicht dagegen eine umfassende Verzinsung jeglicher Verzögerungen in der Abwicklung der Erstattungsansprüche.

Im Streitfall erstrecke sich der Zinsanspruch auf den Zeitraum der Entrichtung der Abgaben aufgrund der erstmaligen erhöhten Festsetzung bis zu deren Erstattung durch die beklagte Behörde, wobei sich die Höhe der Zinsen bzw. der Zinslauf nach nationalem Recht in Gestalt des § 238 Abgabenordnung bestimme.

Fundstelle

Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 31. Mai 2023 (7 K 998/20); vgl. die Pressemitteilung vom 25. Oktober 2023, die Revision ist beim BFH unter dem Az. VII B 96/23 anhängig.

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