Freibetrag bei Übertragung von Vermögen auf eine Familienstiftung

Beim Übergang von Vermögen auf eine Familienstiftung ist für die Bestimmung der anwendbaren Steuerklasse und des Freibetrags als "entferntest Berechtigter" zum Schenker derjenige anzusehen, der nach der Stiftungssatzung potentiell Vermögensvorteile aus der Stiftung erhalten kann. Unerheblich ist, ob die Person zum Zeitpunkt des Stiftungsgeschäfts schon geboren ist, jemals geboren wird und tatsächlich finanzielle Vorteile aus der Stiftung erlangen wird. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin errichtete zusammen mit ihrem Ehemann eine Familienstiftung. Im Stiftungsgeschäft und in der Stiftungssatzung wurde angegeben, die Familienstiftung habe zum Zweck die angemessene Versorgung der Klägerin und ihres Ehemannes, die angemessene finanzielle Unterstützung der Tochter der Stifter sowie die angemessene finanzielle Unterstützung weiterer Abkömmlinge des Stammes der Stifter, jedoch erst nach Wegfall der vorherigen Generation.

Das Finanzamt sah für Zwecke der Schenkungsteuer hinsichtlich der Übertragung des Vermögens auf die Familienstiftung als "entferntest Berechtigten" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) die in § 3 Buchst. c der Stiftungssatzung angeführten "weiteren Abkömmlinge" an. Das Finanzamt ordnete den Erwerb gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG der Steuerklasse I ("Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder") zu und brachte gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG für die "übrigen Personen der Steuerklasse I" einen Freibetrag in Höhe von 100.000 € in Abzug.

Die Kläger sind der Auffassung, dass das Finanzamt nicht zwischen "Berechtigtem" und "Begünstigtem" unterscheide. Im Stiftungsrecht seien nur diejenigen Begünstigten berechtigt, denen das jeweilige aktuelle Recht auf Zuwendungen in der laut Satzung bestimmten Reihenfolge zugewiesen sei. "Berechtigte" und "Begünstigte" könnten sich entsprechen, wenn in der Satzung nichts anderes geregelt sei. In der Stiftungssatzung des Streitfalls sei es aber anders geregelt worden, die "Begünstigten" stünden mit den "Berechtigten" nicht gleich und daher stehe den "Berechtigten" der Freibetrag von 400.000 € zu.

Die Klage vor dem Niedersächsischen Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht hat zutreffend erkannt, dass "entferntest Berechtigte" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG der klägerischen Familienstiftung mögliche Urenkel der Stifter sind. Für die Bestimmung des "entferntest Berechtigten" ist nicht erheblich, dass eine Urenkelgeneration bei Errichtung der Stiftung noch nicht geboren ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob mögliche Urenkel tatsächlich jemals finanzielle Unterstützung aus der Stiftung erhalten werden.

Die Formulierung des "entferntest Berechtigten" ist dahingehend zu verstehen, dass damit derjenige bezeichnet wird, der nach der Stiftungssatzung potentiell Vermögensvorteile aus der Stiftung erhalten soll.

Der "Berechtigte" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG entspricht dem nach der Stiftungssatzung "potentiell Begünstigten", der durch den Erwerb von Vermögensvorteilen aus der Stiftung begünstigt sein kann. Eine Unterscheidung dahingehend, dass ‑wie die Klägerin meint‑ mit dem Begriff des "Berechtigten" der sofort Anspruchsberechtigte gemeint ist und sich dieser vom "Begünstigten", der erst später anspruchsberechtigt sein soll, unterscheidet, ist der Norm nicht zu entnehmen.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 28. Februar 2024 (II R 25/21), veröffentlicht am 31. Mai 2024.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

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