GlE: Ansatz eines niedrigeren gemeinen Werts bei der Bewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer ab 1. Januar 2025

Die obersten Finanzbehörden der Länder haben koordinierte Erlasse zu den BFH-Beschlüsse vom 27.5.2024 - II B 78/23 (AdV) und II B 79/23 (AdV) zum Ansatz eines niedrigeren gemeinen Werts bei der Bewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer nach dem Bundesmodell ab 1.1.2025 und zur Aussetzung der Vollziehung von Bescheiden über die Feststellung des Grundsteuerwerts veröffentlicht.

 1.     Ansatz eines niedrigeren gemeinen Werts bei der Bewertung von Grundvermögen ab dem 1. Januar 2025 (zu I. und II.):

Mit Beschlüssen (siehe unseren Blogbeitrag) vom 27. Mai 2024 (II B 78/23 (AdV), BStBl. II S. NN) und II B 79/23 (AdV), BStBl. II S. NN) hat der Bundesfinanzhof in zwei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass Steuerpflichtige im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben müssen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden gemeinen Wert ihres Grundstücks nachzuweisen.

 Die obersten Finanzbehörden der Länder äußern sich zunächst dahingehend, dass der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts gesetzlich nicht vorgesehen ist. Soweit sich im Einzelfall ein Unterschied zwischen dem gem. §§ 218 BewG ermittelten Grundsteuerwert und dem gemeinen Wert iSd. § 9 BewG ergibt, sei dieser aufgrund der typisierenden Betrachtungsweise grds. hinzunehmen.

 Die Grenzen der Typisierung finden sich lt. Auffassung des BFH jedoch im Übermaßverbot. Das Übermaßverbot kann insbesondere dann verletzt sein, wenn der vom Finanzamt festgestellte Grundsteuerwert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt (BFH-Beschlüsse vom 27. Mai 2024). Den Steuerpflichtigen trifft hierbei die Nachweispflicht des niedrigeren gemeinen Werts, der nach den Grundsätzen des § 198 Abs. 2 BewG erbracht werden kann.

 Für den Nachweise eines geringeren gemeinen Werts sollen in entsprechender Anwendung von § 198 Abs. 1 Satz 2 BewG grundsätzlich die auf Grund des § 199 Abs. 1 BauGB erlassenen Vorschriften gelten (insofern indirekter Verweis auf die ImmoWertV). Als Nachweis des niedrigeren Wertes sollen entsprechend § 198 Abs. 2 BewG Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses i.S.v. §§ 192 ff. BauGB oder der anderen in den Erlassen genannten Gutachtern dienen. Darüber hinaus können in entsprechender Anwendung von § 198 Abs. 3 BewG auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt zustande gekommene Kaufpreise dienen, wenn die maßgeblichen Verhältnisse unverändert sind

2.     Anwendung (zu III.):

Die unter 1. genannten Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

In Fällen, in denen

  • der Grundsteuerwert den nachgewiesenen gemeinen Wert um mindestens 40 % übersteigt,
  • der Grundsteuerwert bestandskräftig festgestellt wurde und
  • die Feststellung nicht mehr nach den Korrekturvorschriften der Abgabenordnung änderbar ist, 

ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung (§ 222 Absatz 3 BewG) vorliegen. Bei Durchführung der fehlerbeseitigenden Wertfortschreibung ist die Wertfortschreibungsgrenze (§ 222 Absatz 1 BewG) zu beachten.

3.     Aussetzung der Vollziehung (zu IV.)

Im Hinblick auf die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 27. Mai 2024 (a. a. O.) ist ab sofort Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung von Bescheiden über die Feststellung des Grundsteuerwerts zu entsprechen, wenn und soweit schlüssig dargelegt wird, dass der Grundsteuerwert den Verkehrswert um mindestens 40 % übersteigt.

Ein Verkehrswertgutachten ist zum Zeitpunkt der AdV noch nicht erforderlich. Die obersten Finanzbehörden der Länder haben keine Bedenken, als Ergebnis der summarischen Prüfung vorbehaltlich anderweitiger Erkenntnisse 50 % des Grundsteuerwertes von der Vollziehung auszusetzen.

Fundstelle

Ministerium der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg, 24.06.2024, 36-S 3000/2024-01/06, FMNR202401246.

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