Inanspruchnahme des gewerbesteuerlichen Bankenprivilegs (§ 19 GewStDV) durch eine Finanzierungsgesellschaft

Das Finanzgericht Münster hatte in einem aktuellen Urteil für das Streitjahr 2012 zu der Rechtsfrage zu entscheiden, ob ein die Anforderungen des § 19 Abs. 2 GewStDV erfüllendes Kreditinstitut i.S. von § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV i. V. m. § 1 Abs. 1 KWG ein im Wesentlichen am Geld- und Kreditverkehr ausgerichtetes Unternehmen darstellt oder ob das Unternehmen darüber hinaus noch weitere Kriterien zu erfüllen hat, die darauf schließen lassen, dass die Gesamttätigkeit des Unternehmens im Wesentlichen am Geld- und Kreditverkehr ausgerichtet ist.

Sachverhalt

Die Klägerin (eine GmbH) war im Streitjahr innerhalb des Konzerns für die Konzernfinanzierung zuständig und erbrachte gegenüber anderen Konzerngesellschaften Dienstleistungen im Bereich des Finanz- und Cash-Managements und verwendete in diesem Rahmen eingehende Gelder zur Ausreichung von Darlehen an andere Konzernunternehmen (Cash-Pooling). Daneben hielt die Klägerin als Teil eines Konzerns diverse Beteiligungen an in- und ausländischen Konzerngesellschaften, wobei sie diesen gegenüber keine Managementleistungen erbrachte.

Die Klägerin beantragte das gewerbesteuerliche Bankenprivileg nach § 19 GewStDV. Die Finanzverwaltung lehnte dessen Anwendung ab und rechnete die gesamten Entgelte für Schulden nach § 8 Nr. 1 Buchst. a) Satz 1 GewSt dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzu. Zur Begründung verwies das Finanzamt auf die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 6.12.2016, I R 79/15), wonach gefordert werde, dass die Gesamttätigkeit der Klägerin im Wesentlichen am Geld- und Kreditverkehr ausgerichtet sein müsse, was die Klägerin im vorliegenden Streitfall angesichts ihrer Eigenschaft als Holdinggesellschaft nicht erfülle. Die (vorliegend erfüllte) sog. Überwiegensprüfung nach § 19 Abs. 2 GewStDV habe für die vom BFH geforderte (in der o.g. Rechtsfrage als „weiteres Kriterium“ bezeichnete) Eigenschaft keine Bedeutung.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Münster hat das gewerbesteuerliche Bankenprivileg gewährt und entschieden, dass die Klägerin die Voraussetzungen nach § 19 Abs. 1 GewStDV (Vorliegen eines Kreditinstituts i. S. d. § 1 Abs. 1 KWG) sowie den Aktivpostenvergleich gemäß § 19 Abs. 2 GewStDV erfüllt.

Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung ist das Finanzgericht der Ansicht, dass die Anwendung des gewerbesteuerlichen Bankenprivilegs, im Hinblick darauf, dass – wie vom BFH gefordert – ein am Geld- und Kreditverkehr ausgerichtetes Unternehmen vorliegen muss, nicht über die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 und 2 GewStDV hinaus von weitergehenden Kriterien abhängig ist (Rz. 86 f.).

Darüber hinaus weist das Finanzgericht darauf hin, dass auch dann, wenn für die Eröffnung des Bankenprivilegs eine Überwiegensprüfung erforderlich sein sollte, die sich nicht lediglich in einem Aktivpostenvergleich i. S. d. § 19 Abs. 2 GewStDV erschöpft, dieses Erfordernis im Streitfall erfüllt sei (Rn. 97 ff).

Hinweis: Durch die Ergänzung des Wortlauts des § 19 Abs. 1 GewStDV um einen Verweis auch auf § 2 Abs. 1 (hier: Nr. 7) KWG ist mit Wirkung ab dem Erhebungs-zeitraum 2021 das gewerbesteuerliche Bankenprivileg nicht mehr für Konzernfinanzierungsgesellschaften anwendbar (Fünfte Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen vom 25.6.2020 BGBl. I 2020, 1495).

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Urteil vom 30. November 2023 (10 K 2062/20 G); die Revision beim BFH ist unter dem Az. III R 6/24 anhängig.

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